Fritz Wittmann, Bürgermeister der Marktgemeinde Essenbach, brachte es bei einem Gespräch im Landratsamt Landshut auf den Punkt: Die Betreiber von Kiesgruben, denen die oberbayerische Firma Technosan offensichtlich falsch deklarierten Bauschutt geliefert hat, sind selbst betrogen worden. Es gibt keinen Grund, sie in der Öffentlichkeit an den Pranger zu stellen."
Das war einhellige Tenor der Stellungnahmen einer Runde von Fachleuten aus dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt (WWA) Landshut, die am Montag, 15. Juli, unter Vorsitz von Landrat Josef Eppeneder Informationen gebündelt und Stellung zu den Auswirkungen des Technosan-Skandals im Bereich des Landkreises Landshut genommen haben. Landrat Eppeneder, WWA-Leiter Johannes Schmuker, die Landratsamts-Juristin Karin Bartsch (Bauabteilung), der Sachgebietsleiter für Abfallwirtschaft am Landratsamt, Gernot Geißler, und der Inhaber der Firma Isarkies, die die beiden betroffenen Kiesgruben betreibt, Anton Meierlohr machten dabei deutlich, dass vergleichsweise nur geringe Mengen an Material, das von der Firma Technosan geliefert worden ist, in die beiden Kiesgruben in Unterwattenbach (Markt Essenbach) sowie Rieder im Feld (Stadt Vilsbiburg) gelangt sind. Wie Anton Meierlohr und ein Mitarbeiter erklärten, stellen die 840 Tonnen Material, die im Mai 2011 in Unterwattenbach angeliefert und abgelagert worden sind, angesichts der gewaltigen Verfüllmenge einen Anteil „im Promillebereich" dar.
Maßnahmen der Eigen- und Fremdüberwachung
Die rund 2087 Tonnen, die in der Kiesgrube bei Rieder im Feld im Juli 2011 angeliefert worden sind, seien „rund ein Prozent" des dort abgelagerten Materials, erklärten die Firmenvertreter. Das in Unterwattenbach abgelagerte Material stammt nach den Worten von Anton Meierlohr und seines Mitarbeiters aus Baustellen in München und Landshut. Das Material in der Grube Rieder im Feld stammt demnach aus dem Neuöttinger Werk der Firma Technosan, gegen die bekanntlich die Staatsanwaltschaft München II seit Ende letzten Jahres ermittelt. Letztlich wisse niemand, ob das Material überhaupt belastet oder völlig in Ordnung sei, erklärten mehrere Teilnehmer.
Die Vertreter des Landratsamts machten deutlich, dass für beide Kiesgruben Genehmigungsbescheide zur Verfüllung vorliegen, in denen genau festgehalten ist, welche Materialien verfüllt werden dürfen. Firmen- wie Behördenvertreter erläuterten, dass es ein System der Eigen- und Fremdkontrolle gibt: Dazu gehört, dass Firmen, die Kiesgruben betreiben, eine Sicht- und Geruchskontrolle des angelieferten Materials vornehmen und beurteilen, ob das angelieferte Material mit der Deklarationsanalyse (Angaben des Anlieferers zur chemisch-physikalischen Abfallcharakterisierung) übereinstimmt.
Im Rahmen der sogenannten Fremdüberwachung überprüft ein von der jeweiligen Firma beauftragtes, zertifiziertes Labor die Lieferscheine (Deklarationsanalysen) und das Labor nimmt halbjährlich auf der Kiesgrube mehrere Schürfproben, die labortechnisch untersucht werden. Im Vorfeld der Verfüllung von Kiesgruben wird von den Wasserwirtschaftsämtern ein Grundwasser-Überwachungskonzept erstellt, in dessen Rahmen Anzahl und Lage von Grundwasserpegeln festgelegt werden Diese Grundwasserpegel werden dann auch vom Fremdüberwacher untersucht. Die Ergebnisse dieser Überprüfungen werden in einem Jahresbericht zusammengefasst und insbesondere den Landratsämtern und den Wasserwirtschaftsämtern zur Verfügung gestellt.
„Betreiber und Behörden mit krimineller Energie getäuscht"
Die Betreiber von Kiesgruben wie die Firma Isarkies haben nach den Worten von Bürgermeister Fritz Wittmann das größte Interesse daran, dass nur Material in der jeweiligen Grube abgelagert wird, für das die Firma auch eine behördliche Genehmigung hat. Denn die Firma laufe dann Gefahr, ihre Lizenz zu verlieren. Nach allem, was man wisse, hat die Firma Technosan einen großangelegten Betrug begangen und ihre Lieferungen falsch deklariert.
Es bestehe im Übrigen kein Grund zu einer Panik, erklärte Wittmann, der erzählte, dass ihn eine Frau angerufen und gesagt habe, sie habe im Radio gehört, dass Giftmüll in der Gemeinde Essenbach abgeladen worden sei – und ob sie noch mit ihrem Hund in der freien Natur spazieren gehen könne. Die Frau habe wohl nur Versatzstücke der Radio-Meldung über die 1,4 Millionen Tonnen Material zusammengefügt, die Technosan nach bisherigen Erkenntnissen auf über 30 Gruben in halb Bayern angeliefert hat.
Bei den vielen Millionen Kubikmetern Verfüllmaterial in den beiden Kiesgruben ist, darin waren sich alle Gesprächsteilnehmer einig, nicht mehr feststellbar, wo sich das nach Unterwattenbach und Rieder im Feld gelieferte Material befindet. Alle Behördenvertreter machten deutlich, dass man davon ausgehen könne, dass von dem deponierten Technosan-Material derzeit keine Gefährdung für die Umwelt ausgeht.
WWA-Leiter Schmuker machte deutlich, dass es „keine 100-prozentige Sicherheit" gebe – vor allem nicht, wenn ein Unternehmen in betrügerischer Absicht und mit entsprechender krimineller Energie Anlieferungsscheine fälscht und Betreiber von Kiesgruben und Behörden täuscht. Auch der Landkreis wäre nicht in der Lage, in seiner eigenen Deponie falsch deklarierte Anlieferungen in jedem Fall zu vermeiden, stimmte Sachgebietsleiter Gernot Geißler zu.