In der Neustadt liegt das flache Granitpflaster bereits. Jetzt soll damit die neue Fußgängerzone in der Schirmgasse Altstadt und Neustadt barrierefrei und rollstuhlfahrerfreundlich verbinden. Auch die Bordsteinkanten verschwinden.
Landshut (23.02.2018) An manchen Tagen geschehen Wunder im Landshuter Stadtrat. So wie heute, Freitag, als Prof. Dr. Frank Palme (Die Grünen) einen Dringlichkeitsantrag stellte, die künftige Fußgängerzone in der Schirmgasse barrierefrei auszubauen. Das erste Wunder war, dass Frank Palmes Antrag mit 32:3 Stimmen ganz klar mehrheitlich angenommen wurde und das zweite, dass sich die Stadträte gleichzeitig noch für die kostenintensivere barrierefreie Umgestaltung aussprachen. Wie konnte das passieren?
Nun erstmal alles der Reihe nach. Zum einen gibt es schon lange die Planung und den Wunsch die Schirmgasse vom Durchgangsverkehr zu befreien und als Verbindung zwischen Alt- und Neustadt zur Fußgängerzone auszuweisen. Zudem wird in diesem Jahr die Fernwärme in die Schirmgasse gelegt, also das Pflaster an vielen Stellen aufgerissen.
Da ergriff der Grüne Stadtrat Frank Palme die Initiative: wenn schon aufgerissen und wieder zugepflastert wird, dann könne man ja die Schirmgasse auch gleich barrierefrei gestalten. Also das Pflaster so zu verlegen, dass die Bordsteinkanten wegfallen und am allerbesten auch noch ein neues Pflaster einbauen, das sich mit Rollstühlen wesentlich bequemer befahren lässt als das alte holprige Kopfsteinpflaster.
Baudirektor Johannes Doll rechnete im heutigen Stadtratsplenum sogleich die Kosten dafür vor. Die Variante mit dem alten Pflaster verschlingt 120.000 €uro, der Einbau neuer Granitsteine wie in der Neustadt schlägt mit 315.000 €uro zu Buche. Knapp 200.000 €uro Differenz, die zu 60 % die Anlieger tragen müssten. Ein happiger Betrag, da die Regierung bereits angekündigt hat, die Baumaßnahme finanziell nicht zu fördern.
Billig oder teuer? Das war nun die Frage.
Die anschließende Aussprache im Stadtrat könnte man mit „sensationell“ beschreiben. Denn nach anfänglichen Bedenken zum 315.000 €uro teuren Umbau schwenkte die Meinung mehr und mehr zu genau dieser Lösung um.
Hat sich mit Erfolg für Menschen mit Handicap eingesetzt: Prof. Dr. Frank Palme.
Antragsteller Palme selbst eröffnete den Reigen der Wortmeldungen. Er berichtete von einem Experiment an dem vor einigen Jahren zahlreiche Stadträte teilnahmen. Die Aufgabe war, von der Stadtresidenz im Rollstuhl sitzend zur Würstl-Susi zu fahren. Alle Probanden scheiterten daran über das Altstadtpflaster zu rollen. Er plädierte für das neue flache Granitpflaster, denn es geht um die vollständige Barrierefreiheit und um die Funktionalität. Wegen der Bezuschussung sollte nochmals mit der Regierung gesprochen werden.
Oberbürgermeister Alexander Putz verwies nochmals auf die Mehrkosten und die Mehrbelastung für die Hauseigentümer hin. „Es kann nicht sein, dass uns die Regierung vorschreibt, wie wir unsere Stadt gestalten“, erwiderte Stadtrat Lothar Reichwein (CSU). Für ihn stellt die Schirmgasse eine wichtige Verbindungsachse dar, gerade auch für Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen.
Wenn barrierefrei, dann richtig barrierefrei
„Wir machen uns bei den Anliegern nicht beliebt, wenn wir uns für die teure Variante entscheiden“, gab Dr. Dagmar Kaindl (CSU) zu bedenken. Dem entgegnete Stefan Gruber, Vorsitzender der grünen Fraktion, dass die Behindertenfreundlichkeit über die Kosten gestellt werden müsse. „Und wenn wir es machen, dann jetzt g’scheid mit der Fernwärme.“
„Das alles ist kein Luxus, sondern die Menschen haben ein Anrecht darauf, dass wir ihre Umgebung entsprechend gestalten“, unterstrich Frank Palme abermals seinen Antrag, „denn wir können nicht ein bisserl barrierefrei machen, sondern wenn dann richtig oder gar nicht.“
Klaus Pauli (Freie Wähler) sprach einen völlig neuen Aspekt an: „Die Straßenausbaubeiträge (Strabs) können nur dann erhoben werden, wenn Vorteile für die Anwohner entstehen. Die haben aber keinen großen Vorteil.“ Und daher stellte Pauli die Frage in den Raum: „Sind bei Beiträge überhaupt umlegbar?“
Dann nehmen wir die 200.000 €uro selbst in die Hand
Versönliche Geste: OB Alexander Putz fand einen Weg, der der Mehrheit gefiel.
Einen Vorteil für die Anwohner sah Oberbürgermeister Alexander Putz schon. Pkw’s verursachen auf dem alten Pflaster mehr Lärm und auch Fahrradfahrer haben von dem neuen glatten Belag einen Vorteil. Gleichzeitig läutete er auch die große Wende in der Debatte ein: „Ich bin bereit, dass die Stadt die 200.000 €uro selbst in die Hand nimmt.“ Margit Napf (BfL) pflichtete dem Stadtoberhaupt sofort zu. „Mir gefällt was Putz gerade gesagt hat“ und gab zu verstehen, dass auch sie einen richtig guten barrierefreien Ausbau der Schirmgasse unterstützt.
Kaum zu glauben: Die Abstimmung zu Prof. Dr. Frank Palmes Antrag war nur noch Formsache. Mit 32 zu 3 Stimmen erhält die Schirmgasse ein neues Granitpflaster. Frank Palmes Freude darüber war nicht zu übersehen. Mit einem lauten „Danke“ zollte er seinen Stadtratskollegen seine Hochachtung für ihre Entscheidung.
Ob die Schirmgasse nun auch Fußgängerzone werden soll oder nicht, das wurde nur noch am Rande angesprochen. Auch hier war das Ergebnis eindeutig. Mit „Ja“ stimmten 29, mit „Nein“ sechs Stadträte.