Landratsamt (10.04.2018) Vor über 100 Jahren, im Bilderbuch-Sommer des Jahres 1914, zog Europas Jugend in das „Weltfest des Todes“, wie der Literatur-Nobelpreisträger Thomas Mann den Ersten Weltkrieg genannt hat. Heuer jährt sich das Ende des vier Jahre währenden massenhaften Mordens. Als im November 1918 die Waffen schwiegen, hielt der Tod noch einmal reiche Ernte unter den ausgelaugten, oft ausgehungerten Völkern: Eine Seuche raffte mehr Menschen hin als der Krieg.
An diesen Krieg, an den Weg in das Inferno, an das Leiden der Menschen an den Fronten und daheim erinnert eine Ausstellung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die vom Montag, 16., bis Freitag, 27. April, im Foyer des Landratsamts Landshut zu sehen ist.
Die Ausstellung „1. Weltkrieg – 14/18 Mitten in Europa“ wendet sich an alle Interessierten, insbesondere aber auch an Schüler und junge Leute: Denn die Informationen aus der Geschichte über den Weg in die „Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ (US-Historiker George F. Kennan), das Wissen um die Schrecken des Krieges und seine Folgen seien auch so etwas wie ein „Mahnmal für kommende Generationen“, sagt Maximilian Fügen, der Schul- und Bildungsreferent beim Landesverband Bayern des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.
Zehn Millionen junge Männer sind seinerzeit als Soldaten an den vielen Fronten des Weltkriegs gestorben, 20 Millionen wurden verwundet, Hunderttausende verkrüppelt für ihr ganzes Leben. Die Zahl der zivilen Opfer des Krieges betrug rund sieben Millionen Frauen und Männer, schätzungsweise über 700.000 Menschen starben allein in Deutschland aufgrund der Hungerblockade der West Alliierten; mindestens 25 Millionen Menschen raffte die „Spanische Grippe“ dahin, eine im Frühjahr 1918 ausgebrochene, weltweit grassierende Seuche, die bis ins Jahr 1920 leichte Beute fand unter den ausgelaugten, oft auch unternährten Völkern Europas.
„Zurück, bevor die Blätter fallen“ – so war es den deutschen Wehrpflichtigen versprochen worden, die im August 1914 mit Zügen an die Fronten rollten, auf denen prahlerische Parolen zu lesen waren wie „Ausflug nach Paris“ oder „Auf Wiedersehen auf dem Boulevard“. Die meisten der Soldaten waren zuvor Bauernund Arbeiter gewesen; das Leben auf dem Land und in der Fabrik war hart und eintönig. Ein Krieg versprach Abwechslung und einen Hauch von Abenteuer.
So sah es auch die „akademische Jugend“, Gymnasiasten und Studenten, beileibe nicht nur in Deutschland. Der Wahn war buchstäblich grenzenlos: In England etwa wurde im Sommer 1914 auf Plakaten und in Zeitungs-Annoncen ein „Trip to Germany“ angepriesen, den das Vaterland gerade organisiere. Da werde für „sportsmen“ ein zünftiges Schießen und Jagen veranstaltet, alle Unterkunfts- und Fahrtkosten nach Berlin würden übernommen, Gewehre und Munition kostenlos zur Verfügung gestellt.
Im Trommelfeuer der Materialschlachten gingen alle Illusionen zugrunde. In der Schlacht an der Somme zum Beispiel, einem Fluss in idyllischer Landschaft in Nordfrankreich. Briten und Franzosen eröffneten hier Ende Juni/Anfang Juli 1916 eine Großoffensive. Ihr war ein siebentägiges Trommelfeuer vorausgegangen. Für diesen Artillerie-Schlag hatten die Alliierten im Hauptkampf-Abschnitt alle 20 Meter ein schweres Geschütz aufgestellt: Er sollte den Weg freibomben für die britische Infanterie, die am 1. Juli in einem Großangriff auf die deutschen Stellungen losstürmte.
In nur zwei Juli-Wochen fiel damals auf deutscher Seite jeder vierte Soldat des Bayerischen Infanterie-Regiments 16, das einer britischen Einheit gegenüberlag: Das Regiment, dessen Friedensstandorte Passau und Landshut gewesen waren, setzte sich zum allergrößten Teil aus jungen Männern aus den Regionen um die beiden niederbayerischen Städte zusammen.
Auch zwei Söhne von Oberbürgermeister Otto Marschall gefallen
Den schlimmsten Blutzoll unter den Niederbayern forderte ein in fünf Wellen geführter Angriff am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag. Unter den Toten dieses Tages war auch Oberleutnant Fritz Marschall, Sohn des damaligen Landshuter Oberbürgermeisters, Hofrat Otto Marschall (1857-1935), der im Oktober desselben Jahres einen zweiten Sohn im Krieg verlor. Als die Offensive am 18. November 1916 abgebrochen wurde, hatten die Alliierten an der Somme in viereinhalb Monaten 700.000 Soldaten verloren, die Deutschen rund 470.000. Zählt man nur die offiziell auf Friedhöfen nachgewiesenen Toten – 267.147 – sind das immer noch sechs Tote auf einen Meter Somme-Front.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge bietet umfangreiches Begleitmaterial an für den Unterricht an Schulen. Zur Ausstellung „1. Weltkrieg - 14/18 Mitten in Europa“ gehören auch Arbeitsblätter, die durch die Ausstellung führen und dabei helfen, Inhalte zu erschließen sowie Einzelaspekte zu vertiefen
Foto oben - 1 Rancourt, Departement Somme: In der „Schlacht an der Somme“, der verlustreichsten Schlacht der Westfront im Ersten Weltkrieg, fanden im Sommer und Herbst 1916 auch viele Infanteristen aus dem Raum Landshut den Tod.
Im Bild eine der zahlreichen Kriegsgräberstätten dieser Region in Nordfrankreich, der deutsche Soldatenfriedhof von Rancourt.
Foto: PM Ausstellung in dLRA zum 1. Weltkrieg.docx