Landshut - pm (26.01.2021) CSU-Stadtrat Ludwig Zellner hat einen Offenen Brief per Mail an den Gesundheits-Minister Jens Spahn wegen der Impf- Katstrophe in Deutschland und Bayern geschickt. Die Kritik an Spahn und seinen Beschönigungen sowie am Versagen der EU bei der Impfstoffbesorgung sollte eigentlich dazu führen, dass der Bundesgesundheitsminister nicht weiter einfach der EU zuschaut, sondern endlich handelt und dafür sorgt, dass viel, viel mehr Impfstoff nach Deutschland und Bayern kommt. Ich muss als CSUler der SPD-Ministerpräsidentin Schwesig recht geben, dass im internationalen Vergleich es sogar Trump für die USA bei der Impfstoffversorgung besser gemacht hat als Spahn für Deutschland, der sich - meiner Meinung nach - damit als potentieller Kanzlerkandidat der CDU/CSU erledigt hat..
Was uns wirklich hilft, ist impfen. Den starken "Mann" geben beim Lockdown mit all seinen schweren negativen Folgen, bei der Versorgung mit Impfstoff aber lediglich auf den katastrophal schlechten europäischen Weg zu zeigen, passt nicht zusammen.
Nachstehend der Brief von Stadtrat Zellner in volller Länge.
Sehr geehrter Herr Bundesminister Spahn,
seit Ende Dezember verfolge ich die Impfsituation in Deutschland und anderen Ländern. Ich kann nur feststellen, der Impfstoffmangel in Deutschland und Bayern ist eine Katastrophe. Auf zwingende Vorgabe der Bayerischen Staatsregierung mussten in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt bis zum 15. Dezember 2020 Impfzentren betriebsbereit sein. In meiner Heimatstadt Landshut, in der ich seit 1984 Stadtrat bin und 12 Jahre als Bürgermeister tätig gewesen bin, konnte wegen fehlenden Impfstoffes bis jetzt noch keine einzige Impfung erfolgen.
So ergeht es den meisten Impfzentren in Bayern, viele Städte haben gemeldet, dass es an Impfdosen fehlt. In Landshut konnten wir noch nicht einmal alle über 80jährigen in Pflege- und Altersheimen impfen. In der abgelaufenen Woche war wieder ein Corona-Ausbruch in mehreren Heimen. Auch im Klinikum konnte der größte Teil des Personals noch nicht geimpft werden. Wir warten sehnsüchtig und dringendst auf Impfdosen. Sie bekommen vermutlich viele solche furchtbaren Hiobsbotschaften und wissen wohl besser als ich über die katastrophale Impfsituation in Deutschland bescheid. Wenn Sie ehrlich sind, könnten Sie das auch zugeben. Ihre Öffentlichkeitsarbeit sieht aber anders aus.
Heute habe ich - genau so wie letzten Sonntag - wieder eine tolle Radiowerbung gehört, wohl eine deutschlandweite Aktion, gestern war in der Landshuter Zeitung, Abendzeitung, Münchner Merkur und in der Süddeutschen Zeitung eine Farbanzeige, die wohl ebenfalls in allen deutschen Printmedien erschienen ist. Bei beiden Werbekampagnen geht es darum, sich impfen zu lassen. Das bringt viele in Rage. Millionen Menschen - Alte, Schwerstkranke, Krebspatienten, Schwerstbehinderte, medizinisches Personal, Pflegepersonal usw. - wollen sich impfen lassen. Es fehlt aber in ungeheuerem Maße an Impfstoff. Bitte hören Sie mit dem Beschönigen auf und finden Sie zur Wahrheit und Ehrlichkeit!
Paul Dieckmann hat gestern folgende Zahlen veröffentlicht: Israel hat 38% seiner Bevölkerung bereits geimpft, die vereinigten Arabischen Emirate 22,7%, Großbritannien 8%, USA 5,3%, Dänemark 3,2% - Deutschland 1,8%. Das sind die Fakten. Nach gestrigen Meldungen hat Astrazeneca angekündigt, weniger Corona-Impfstoff an die EU zu liefern als geplant. Angeblich soll Großbritannien mehr erhalten. Ja, wie schwach ist denn die EU, wenn einzelne Nationalstaaten (siehe oben!) viel mehr Impfstoff erhalten. Oder was hat die EU da alles falsch gemacht oder andere Nationalstaaten jedenfalls viel besser?
Die SPD-Ministerpräsidentin Schwesig hat recht, wenn sie bezüglich der Impfzentren sagt: "Aber wir können Sie überhaupt gar nicht nutzen, weil wir nicht genug Impfstoff haben." Sogar als CSU-Kommunalpolitiker und keiner CSU-Funktionsträger (CSU-Ortsvorsitzender Landshut-Achdorf, stv. CSU-Kreisvorsitzender Landshut-Stadt, stv. Landesvorsitzender des CSU-Arbeitskreises Schule, Bildung und Sport) muss ich Schwesigs Spitze Ihnen gegenüber recht geben, dass "andere Länder - selbst die USA unter Trump - offensichtlich besser und zügiger eingekauft haben als die Europäische Union." Der CDU-Generalsekretär will das als "plumpes Wahlkampfmanöver" abtun, aber ich sage als CSUler: MP Schwesig hat recht. Trump hat es offensichtlich (siehe Zahlen oben!) besser gemacht als Sie und die EU. Sie schwadronieren wiederholt davon , dass jeder Deutsche ein Impfangebot erhält. Aber wann denn?
Deutschland braucht jetzt und in den kommenden Wochen viel, viel mehr Impfstoff. Diesbezüglich sollten Sie mehr tun und handeln, dass Deutschland viel mehr Impfstoff erhält. Sie können auch in Israel, den VAE oder bei Trump nachfragen. Mit der Impfkatastrophe haben Sie sich als Politiker, den ich bisher sehr geschätzt habe, schwer beschädigt, aber mit Ihrer beschönigenden Öffentlichkeitsarbeit, die der Wahrheit nicht gerecht wird, beschädigen Sie auch noch Ihre Glaubwürdigkeit, das wichtigste Gut eines jeden Politikers. Es tut mir leid, wenn ich das sagen muss, aber als möglicher Kanzlerkandidat der CDU/CSU haben Sie sich selber vom Platz gestellt. Bitte geben Sie diese Ambitionen auf und kümmern Sie sich mit aller Kraft darum, dass viel, viel mehr Impfstoff in nächster Zeit nach Deutschland kommt. Damit helfen Sie den Menschen wirklich. Ihre Werbekampagnen helfen den Menschen nicht.
Wenn diese Impfkatastrophe so weitergeht müssen noch zehntausende Menschen sterben und Hunderttausende müssen mit schweren Corona-Folgekrankeiten weiter existieren. Auch die Wirtschaft, die Kultur, die Sportvereine und Freizeiteirichtungen werden noch länger schwer beeinträchtigt und beschädigt. Auch die Einschränkungen aller Menschen gehen unnötig lange weiter. Daher mein nochmaliger Aufruf: Stehen Sie zur Wahrheit und handeln Sie endlich, damit sich die Impfsituation in Deutschland deutlich verbessert. Schon zu lange haben Sie der EU nur zugesehen.
In der Hoffnung, dass Sie nicht nur schöne Worte machen können, sondern der "Macher" sind, für den ich Sie bisher gehalten habe,
verbleibe ich mit besten Grüßen und Wünschen
Ludwig Zellner