Einstimmigkeit im Stadtrat am 14. April 2021 - Landshut soll in zehn Jahren klimaneutral sein. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (21.01.2022) Am 14 März 2021 fand eine denkwürdige Entscheidung im Umweltsenat satt. Landshut soll in zehn Jahren Klimaneutral werden. Im nächsten Schritt soll ein Klimaschutzplan erstellt werden, über dessen Ausschreibung heute im Stadtratsplenum nicht öffentlich abgestimmt wird. Doch diese enthält einen neuen Passus: "einen alternativen Pfad zur längerfristigen Erreichung einer möglichst umfassenden Klimaneutralität (...)“. „Das kann nicht sein“, kommentiert die BI „Klimaentscheid Landshut“ und appelliert an den Oberbürgermeister, den Stadtrat und die Verwaltung.
Im Vorfeld wurden rund 1.700 Unterschriften gesammelt. Doch zu einem Bürgerentscheid kam es nicht, denn in einem parteiübergreifender Antrag nahm der Umweltsenat einstimmig die Forderungen der Bürgerinitiative an. Jetzt befürchten die Initiatoren, dass das gesteckte Ziel aufgeweicht wird. Ein neuer Passus: "einen alternativen Pfad zur längerfristigen Erreichung einer möglichst umfassenden Klimaneutralität (...)“ steht in der Sitzungsvorlage zur heutigen - nicht öffentlichen - Abstimmung im Stadtratsplenum. Die Initiatoren „Klimaentscheid Landshut“ sind alarmiert und fordern, dies zu streichen.
Es geht um Erderwärmung, das 1,5°-Ziel und um den Beitrag der Stadt Landshut in zehn Jahren klimaneutral zu sein. Mit dem „Klimaentscheid Landshut“ wäre es zu einem Bürgerentscheid gekommen. Dem kamen die Mitglieder des Umweltsenats und deren Vorsitzende Dr. Thomas Haslinger (CSU) zuvor und nahmen die Sache selbst in die Hand. Dr. Thomas Haslinger nannte den überparteilichen Antrag damals „ein gutes Beispiel, verschiedene Interessenslagen abzugleichen und Schnittmengen zu fördern. Wir liegen mit dem Bürgerbegehren und unserer Intuition nicht weit auseinander.“
Bürgermeister, Stadtrat, Verwaltung und die Initiatoren des Bürgerbegehrens "Landshut klimaneutral" sahen damals große Gemeinsamkeiten.
So wie es die Bürgerinitiative forderte kam es am 14. April 2021 im Umweltsenat zu folgendem einstimmigen Beschluss: „Die Verwaltung beauftragt ein Planungsbüro, die bestehenden Energie- und Klimakonzepte der Stadt Landshut zu evaluieren, fortzuschreiben und zu vervollständigen. Das Ergebnis soll binnen eines Jahres ein Klimaaktionsplan sein, der konkrete Maßnahmen, deren Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten aufführt, welche es der Stadt Landshut ermöglichen würden, innerhalb von 10 Jahren klimaneutral zu werden. Der Klimaaktionsplan soll im Rahmen der vom Umweltamt geplanten breiten Beteiligung aller gesellschaftlich relevanten Akteure bei den Themen Klimaschutz und - anpassung diskutiert werden. Um die Plan- und Messbarkeit zu verbessern, sollte auch ein C02-Budgetansatz in Betracht gezogen werden.
Was dann geschah, fasst die Bürgerinitiative wie folgt zusammen:
- Im April 2021 hat der Stadtrat beschlossen, dass er das Anliegen unserer Bürgerinitiative "Landshut in 10 Jahren klimaneutral" annimmt. Das hat uns erst einmal gefreut.
- Dann warteten wir auf die Ausschreibung, mit der das Umweltamt ein Ingenieurbüro suchten sollte, die unseren Klimaaktionsplan erarbeitet. Da passierte trotz Nachfragen fast ein halbes Jahr gar nichts.
- Anfang Oktober 2021 erreichte uns die Nachricht, dass die Ausschreibung fertig und vom Stadtrat abgesegnet sei.
- Am 11. November 2021, wurde uns bei einem Treffen mit Dr. Haslinger und Verwaltung mitgeteilt, dass die Stadt mit der Ausschreibung bis Januar wartet, da eine neue Förderrichtlinie die Aussicht auf Fördergelder in Aussicht stellt. Die gilt jedoch erst ab 1.1.2022. Der Ausschreibungstext wurde deshalb nochmals umformuliert und soll am 21. Januar 2022 im Stadtratsplenum verabschiedet werden.
- Anfang Dezember 2021 erhielten wir - wiederum erst auf direkte Nachfrage - Einsicht in die Ausschreibung.Sehr irritiert mussten wir feststellen, dass ein Passus enthalten ist, der den Kern unseres Bürgerbegehrens und damit auch den dazu gehörenden Stadtratsbeschluss konterkariert: Abweichend von dem eindeutigen Ziel, dass der Plan Landshut in 10 Jahren klimaneutral machen soll, forderte plötzlich ein zusätzlicher Passus "einen alternativen Pfad zur längerfristigen Erreichung einer möglichst umfassenden Klimaneutralität (...)“. Heißt also, die im Plenum vorgestellte Version der Planung nimmt in Kauf, dass das Ziel, Landshut in 10 Jahren klimaneutral zu machen, nicht erreicht würde, sondern eine spätere Zielerreichung akzeptiert, ja sogar mit geplant werden soll.
- Wir haben daraufhin Dr. Haslinger und die Verwaltung aufgefordert, den Passus ersatzlos zu streichen. Aus Sicht der Bürgerinitiative ist dies eindeutig ein Bruch des Vertrags, den die Stadt Landshut mit uns als Bürgerinitiative geschlossen hat.
- Anfang Januar 2022 kam eine Nachricht, dass die Verwaltung (Herr Doll, Umweltreferat) an dem Beschlussvorschlag festhalten wird: "Natürlich werde das 10-Jahre-Ziel im Auge behalten, aber auch wegen der Förderung sei es nötig, besagten "Alternativpfad der Klimaerreichung" mit zu beauftragen. By the way: Auf unsere Nachfrage bei der Förderberatung der Bundesregierung ist das nicht zutreffend.
- Heute, 17. Januar 2022 senden wir eine Mail an alle Stadtratsmitglieder, die den Sachverhalt erklärt und dringend an die Stadträt.innen appelliert, den besagten Passus in der Beschlussvorlagen zu streichen. Nur dann sieht sich die Bürgerinitiative noch an ihren Vertrag mit der Stadt gebunden. Eine weitere Mail ging an Dr. Haslinger, dass und warum wir mit seinem Vorschlag nicht einverstanden sind.
- 21. Januar 2022: Am Freitag wird das Stadtratsplenum über die vorliegende Beschlussvorlage abgestimmt - übrigens im Nicht-öffentlichen Teil der Sitzung. Wir haben Dr. Haslinger aufgefordert, uns über das Ergebnis zu informieren. Danke liebe Stadt Landshut für soviel Vertrauen und Transparenz!
Heute soll im Stadtratsplenum über die Ausschreibung zum „Klimaplan Landshut“ abgestimmt werden. Den Knackpunkt bildet der Passus "einen alternativen Pfad zur längerfristigen Erreichung einer möglichst umfassenden Klimaneutralität (...)“, den die Initiatoren gestrichen haben möchten. Daher appellieren sie in einem Brief an die politischen Mandatsträger:
Sehr geehrte Stadträtinnen, sehr geehrte Stadträte der Stadt Landshut,
wie unseren Vertreter.innen der Bürgerinitiative im Gespräch mit Herrn Dr. Haslinger und der Verwaltung mitgeteilt wurde, werden Sie am kommenden Freitag im Stadtratsplenum endlich über die Ausschreibung für den Klimaplan Landshut abstimmen. Jene Ausschreibung die auf der Forderung des Bürgerbegehrens "Landshut in 10 Jahren klimaneutral" basiert, die vom Ihnen allen im April letzten Jahres beschlossen wurde.
Die Bürgerinitiative Landshuter Klimaplan appelliert an Sie aus folgendem Grund:
Anfang Dezember erhielt die Bürgerinitiative Landshut auf Nachfrage die Möglichkeit, Einblick in den Ausschreibungstext zu nehmen. Wir haben dabei festgestellt, dass darin ein Passus enthalten ist, der den Kern unseres Bürgerbegehrens und damit auch den dazu gehörenden Stadtratsbeschluss konterkariert:
Abweichend vom eindeutigen und im Konsens beschlossenen Ziel, dass Landshut in 10 Jahren klimaneutral sein soll, fordert ein Passus unter Punkt 4.7, dass das Planungsbüro zusätzlich zum Maßnahmenplan, der zu einer Klimaneutralität in 10 Jahren führen würde, "einen alternativen Pfad zur längerfristigen Erreichung einer möglichst umfassenden Klimaneutralität (...)“. Heißt also, die im Plenum vorgestellte Version der Planung nimmt in Kauf, dass das Ziel, Landshut in 10 Jahren klimaneutral zu machen, nicht erreicht würde, sondern eine spätere Zielerreichung akzeptiert, ja sogar mit geplant werden soll.
Hierbei handelt es sich aus unserer Sicht ganz eindeutig um einen Bruch des Vertrags, den die Stadt Landshut mit uns als Bürgerinitiative geschlossen hat. Unser Vertrag lautet, dass die Stadt zustimmt, einen Klimaplan zu beauftragen, der Landshut in 10 Jahren klimaneutral macht. Im Gegenzug stellt die Bürgerinitiative das Sammeln der Unterschriften ein. Als Vertreter.innen des Bürgerbegehrens können wir vor den vielen Menschen, die bis dato bereits für den Klimaplan bis "in 10 Jahren" gestimmt und unterschrieben haben, keinesfalls akzeptieren, dass ein ausschlaggebender Teil dieses Vertrags einfach unter den Tisch fällt. Plötzlich mit einem späteren Zeitpunkt der Klimaneutralität als den vereinbarten "10 Jahren" zu planen, widerspricht dem Beschluss und gefährdet (ohne Not) alle Bemühungen und folgenden Maßnahmen.
Wir fordern Sie als abstimmende Stadträt.innen deshalb auf, diesem Vertrag Recht zu verleihen. Bitte stimmen Sie dafür, dass der besagte Passus aus der Beschlussvorlage für die Ausschreibung des Klimaplans gestrichen wird. Ansonsten muss und wird die Bürgerinitiative das Sammeln der Unterschriften wieder aufnehmen.
Zu Ihrer weiteren Information: Die Verwaltung führt als Grund an, einen weit späteren Termin für die Erreichung der Klimaneutralität in Landshut zu erreichen und in der Ausschreibung mitzuführen, daß ansonsten die angestrebten Fördergelder nicht zugeteilt würden. Das ist nicht haltbar, die angeführten Gründe sind nicht zutreffend. Im gesamten Ausschreibungstext ist keine diesbezügliche Formulierung oder Forderung zu finden, die diesen Folgeschluss rechtfertigen würde. Dies ergab auch unsere Rückfrage bei der Förderberatung der Bundesregierung. Mit unserer Zielerreichungsabsicht "in zehn Jahren klimaneutral zu werden", liegen wir voll und ganz innerhalb des erwünschten Förderrahmens.
Der Klimaneutralität generell und der Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze würde das Ausweichen auf ein späteres Ziel sehr schaden.