Landshut (30.06.2018) Neue gesetzliche Regelungen, die seit Herbst 2017 für Ein-richtungen in Kraft gesetzt wurden, die mit jungen Menschen mit Behinderung oder einem erzieherischen Bedarf arbeiten, waren das Thema eines Fachtags an der Hochschule Landshut. Der Einladung waren mehr als 100 Fachkräfte, Einrichtungsleitungen und Vertreter zuständiger Behörden aus ganz Bayern gefolgt, die Vorträge aus der Schweiz und der Region, aber auch streitbare Diskussionen erlebten.
Uneins war man sich darüber, wie die Umsetzung der Neuregelungen und die damit beabsichtigte Reduzierung von freiheitsentziehenden oder freiheitseinschränkenden Maßnahmen nun bewerkstelligt werden kann: durch die Verbesserung von Ressourcen in den Einrichtungen, durch die Änderung professioneller Haltungen, die konsequente Umsetzung von Beschwerde- und Beteiligungsmöglichkeiten oder durch ein-richtungsspezifische Schutzkonzepte für Kinder und Jugendliche.
Eingeladen zum Fachtag hatte neben der Fakultät Soziale Arbeit auch die Regierung von Niederbayern; das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales förderte die Tagung finanziell. Der Betreuungsrichter Dr. Sebastian Kirsch vom Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen stellte zu Beginn die neuen gesetzlichen Regelungen im BGB vor, die dann Anwendung finden, wenn freiheitsentziehende Maß-nahmen in Einrichtungen aufgrund von Fremd- oder Selbstgefährdung eingesetzt werden sollen.
Hier bedarf es nunmehr immer einer Beantragung und fachlichen Begründung für derartige Maßnahmen seitens der Einrichtungen. Zudem ist ein richterlicher Beschluss notwendig, zumal es um die Einschränkung eines Grundrechts geht. Gründe für diese gesetzliche Neuregelung waren unter anderem entlarvende Medienberichte über den ungerechtfertigten Ein- oder Wegschluss von besonders herausfordernden Kindern und Jugendlichen oder deren Fixierung und eine damit einhergehende scharfe Kritik von Kinderrechtlern mit Rückgriff auf die Behindertenrechtskonvention.
Enge Kooperation von Justiz und Pädagogen wichtig
Dr. Kirsch berichtete auch über den sogenannten „Werdenfelser Weg“, ein regionales Modell aus Garmisch-Partenkirchen, wo Richter, Einrichtungsvertreter und sogenannte Verfahrensbeistände miteinander kooperieren und gemeinsame Standards in der Sache entwickeln. Der Verfahrensbeistand Ralph Bärthlein beschrieb seine Aufgabe, die Wünsche des Betroffenen und seine besonderen Bedürfnislagen herauszuarbeiten und diese dem bestellenden Richter zu erläutern.
Abschließend berichteten zwei Einrichtungsleiter über ihre Positionen zu freiheitsentzie-henden und einschränkenden Maßnahmen, die für weitere Kontroversen sorgten. „Die Hochschule ist der Ort, an dem wir Raum schaffen für derartige herausfordernde Themen und Diskussionen, auch wenn man sich nicht immer einigen kann“, so Prof. Mechthild Wolff, die Mitorganisatorin und Moderatorin der Tagung.