Foto (von links): IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner, Gremiumsvorsitzender Hans Graf und, als Gast der Sitzung, Regierungsvizepräsident Dr. Helmut Graf
Geisenhausen (24.04.2018) Die Flächennutzung in Bayern wird derzeit heiß diskutiert, von „Flächenfraß“ und „Zubetonieren“ ist die Rede. In diese Diskussion eingeschaltet hat sich das IHK-Gremium Landshut bei seiner Sitzung am vergangenen Mittwoch in Geisenhausen. „Wir wollen das verschobene Stimmungsbild zurechtrücken“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, IHK-Vizepräsident Hans Graf.
Denn: Anders als oftmals behauptet, ist die Wirtschaft nicht der Treiber bei der Flächennutzung – nicht in Bayern und noch weniger in Stadt und Landkreis Landshut. Belegen konnte das in der Sitzung Christina Auberger, IHK-Referentin im Bereich Standort, mit Zahlen des Statistischen Landesamts. Demnach besteht Niederbayern zu 89 Prozent aus Freiflächen wie Gewässer, Wald oder Äcker. Die restlichen elf Prozent sind die „Siedlungs- und Verkehrsfläche“, um die sich die Diskussion dreht. Doch auch dieser Anteil besteht keineswegs komplett aus versiegelter Fläche. „In der öffentlichen Wahrnehmung herrscht immer der Eindruck, hier sei alles komplett zubetoniert“, kritisierte Auberger. Neben den Bereichen Wohnen und Verkehr zählten zur „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ aber zum Beispiel auch Gärten und Parks, Flächen für Sport und Freizeit oder etwa Friedhöfe. Wirtschaftlich genutzt von Industrie und Gewerbe wird lediglich ein Prozent der Fläche Niederbayerns.
Noch deutlicher zeigen sich die Verhältnisse in Stadt und Landkreis Landshut. So hat die Siedlungs- und Verkehrsfläche hier zwischen 2011 und 2015 zwar zugenommen, wenn auch nur um ein Prozent im Stadt- und drei Prozent im Landkreisgebiet. Allerdings ist die Flächennutzung speziell durch Gewerbe und Industrie sogar deutlich zurückgegangen, in der Stadt Landshut um minus zehn und im Landkreis um minus fünf Prozent. Angestiegen sind hingegen die Anteile für Wohnen und Erholung. Gleichzeitig konnten die regionalen Betriebe in diesem Zeitraum ihre Wirtschaftsleistung deutlich steigern und mehr Mitarbeiter beschäftigen – die Produktivität pro Quadratmeter Fläche ist also gestiegen.
„Das Thema wird erstens emotional diskutiert und zweitens oft falsch diskutiert“, hielt angesichts dieser Zahlen IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner fest. Die gewählten Unternehmensvertreter im Gremium kamen daher zu einer klaren Entscheidung, die der Vorsitzende Graf zusammenfasste: „Die Wirtschaft will keine Obergrenze bei der Flächennutzung. Die wirtschaftliche Entwicklung in unserer Region darf dadurch nicht abgewürgt werden. Die Entscheidungen über die Flächen sollen weiterhin diejenigen treffen, die sich auskennen und davon betroffen sind: die Städte und Gemeinden vor Ort.“
Weitergeben konnten die Unternehmer diese Forderungen ganz direkt, denn als Gast der Sitzung war Niederbayerns Regierungsvizepräsident Dr. Helmut Graf in die Sitzung gekommen. Er schloss sich der Position des IHK-Gremiums an und gab zudem zu bedenken, dass eine zentrale Regelung der Flächenvergabe realistisch kaum durchzuführen sei. Dankbar war er daher für den Lösungsvorschlag aus der Wirtschaft: Die Städte und Gemeinden sollten ein aktives Flächenmanagement betreiben und sich dafür untereinander intensiv austauschen und abstimmen.
Ein weiteres Thema, das Regierungsvizepräsident Graf in der Sitzung ansprach, waren die Flüchtlinge und ihr möglicher Beitrag zur Fachkräftesicherung in den Betrieben. Die Regierung ist unter anderem für die niederbayerischen Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber zuständig. Die Unternehmer des IHK-Gremiums berichteten von unterschiedlichen Erfahrungen, die sie bei der Beschäftigung von Flüchtlingen bereits gesammelt haben. „Für die Betriebe ist das alles sehr schwierig und aufwändig“, meinte Graf. Angesichts von bisher nur 257 geschlossenen Ausbildungsverträgen mit Flüchtlingen in ganz Niederbayern sei diese Personengruppe bis auf Weiteres nicht die Lösung des Fachkräfteproblems. Die IHK allgemein wie das Gremium Landshut setzten sich daher umso stärker für die berufliche Aus- und Weiterbildung im Allgemeinen ein.
Die Frühjahrssitzung des IHK-Gremiums Landshut war die letzte in der Wahlperiode 2013 bis 2018. Die Vorbereitungen für die Neuwahl der IHK-Gremien und der Vollversammlung sind bereits angelaufen, im Juni und Juli sind dann über 80.000 wahlberechtigte Unternehmen im ganzen IHK-Bezirk aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.