Die Mitglieder des IHK-Gremiums Landshut um Vorsitzenden Hans Graf (6. v. r.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner (5. v. r.) besichtigten vor ihrer Sitzung das Gelände der Firma Leipinger-Bader. - Foto: IHK
Landshut – pm (04.11.2022) Die Herausforderungen, vor denen die Unternehmen aus Stadt und Landkreis Landshut derzeit stehen, sind groß. Das wurde bei der jüngsten Sitzung des IHK-Gremiums Landshut deutlich, die bei der Firma Leipfinger-Bader stattfand. Doch nur einen Teil der Aufgaben können die Betriebe selbst lösen, in vielen Bereichen muss die Politik die Weichen stellen. Deshalb wurde die Bundestagsabgeordnete Nicole Bauer von der Regierungspartei FDP dazu geladen, um ihr Eindrücke und Probleme der Betriebe aus erster Hand zu schildern.
Die Kritikliste der Unternehmer an der Politik war lang. Beim derzeit branchenübergreifend drängendsten Thema, der Energiekrise, vermissen die Gremiumsmitglieder eine klare Krisenstrategie der Regierung, um mehr Planbarkeit zu erhalten. IHK-Vizepräsident und Gremiumsvorsitzender Hans Graf belegte das am Beispiel der Atomdebatte. „Wir brauchen in der jetzigen Phase jede Energiequelle. Warum unsere Regierung so zögerlich handelt, unsere vorhandenen Potenziale zu nutzen, erschließt sich mir nicht. Schließlich haben wir bereits genug andere Probleme. Jetzt sind vernünftige Entscheidungen Gebot der Stunde, nicht ideologiebehaftetes Handeln.“
Nicole Bauer pflichtete Graf bei, ihrer Meinung nach müsse über eine Verlängerung der Laufzeiten der noch am Netz verblieben Kernkraftwerke nochmals diskutiert werden. „Es ist entscheidend, dass wir die Netzstabilität erhalten – auch im Hinblick auf den Winter 2023/2024“, so Bauer. Dies deckt sich mit den Forderungen der IHK, die Martin Nätscher, bei der IHK Berater für Energie und Nachhaltigkeit, vorstellte. So müsse das Angebot an den Energiemärkten erhöht werden – inklusive des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Rückkehr von Reservekraftwerken in den Markt. Nur so könne Preisstabilität und Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Zudem müsse es Energiepreis-Soforthilfen für den Mittelstand, Liquiditätshilfen sowie eine sofortige Strompreisbremse geben, die Gaspreisbremse müsse zudem schnell und mittelstandsfreundlich umgesetzt werden.
Gefordert werden seitens der IHK zudem eine Reduzierung der Energiesteuern, Abgaben und Umlagen, eine Ersatzversorgungspflicht für Unternehmen sowie der Abbau von bürokratischen Hürden.
Die Gremiumsmitglieder kritisierten in ihrer Runde zudem die Sprunghaftigkeit der Entscheidungen. Ein Unternehmer aus der Baubranche nannte ein konkretes Beispiel: Nachdem die Gasumlage beschlossen wurde, wurde eine Preisliste für das Jahr 2023 kalkuliert. Einige Wochen später wurde die Umlage wieder einkassiert, nun ist ein Gaspreisdeckel angekündigt, doch noch fehlen Informationen, wie dieser im Detail ausgestaltet ist. „Uns fehlen Planungssicherheit und Verlässlichkeit – nicht nur wegen der ohnehin schon volatilen Energie-, Rohstoff- und Materialpreise, sondern auch wegen der Entscheidungen der Politik.“
Angesprochen wurde von Vertretern der Bauindustrie auch die Abschaffung der KfW-Förderprogramme zu Beginn diesen Jahres. Dies sei das völlig falsche Signal gewesen – in einer Zeit, in der gestiegene Preise und Zinsen das Bauen für Privatpersonen ohnehin immer schwieriger mache. Die Folge sei ein zu erwartender Einbruch der Bautätigkeiten im Privatbereich im kommenden Jahr. Nicole Bauer erwiderte hier, dass es grundsätzlich richtig war, die KfW-Programme zu überarbeiten. „Aber es wäre der richtige Weg gewesen zuerst zu korrigieren und dann abzuschaffen und nicht umgekehrt“, so die Bundestagsabgeordnete.
Bemängelt wurde seitens der Unternehmer zudem die überbordende Bürokratie in vielen Bereichen. „Es gibt eine Überregulierungswut auf der ganzen Linie, der Aufwand für unsere Betriebe nimmt immer mehr zu. Wir machen aber dadurch nichts besser, sondern einfach immer nur komplizierter und langsamer“, sagte Hans Graf. Nicole Bauer äußerte Verständnis für den Unmut der Unternehmer und versprach die gewonnen Eindrücke aus der Gremiumsrunde mit nach Berlin zu nehmen.
Wie in der Sitzung ebenso deutlich wurde, ist das Thema Personalmangel aktueller denn je. In diesem Zusammenhang kam in der Unternehmerschaft auch Kritik Bürgergeld auf, man müsse stattdessen Anreize zum Arbeiten schaffen. Die IHK Niederbayern versucht im Bereich des Arbeitskräftemangels den Betrieben mit einem ganzheitlichen Service- und Beratungsangebot unter die Arme zu greifen – im Raum Landshut mit IHK-Fachkräfte- und Bildungsberaterin Sandra Reinhold.
Im Vorfeld der Sitzung führte Paul Simmerbauer, Geschäftsführer der Leipfinger-Bader GmbH, die Gremiumsmitglieder über das Werksgelände. Leipfinger-Bader zählt heute zu den führenden und innovativsten Unternehmen der deutschen Baustoffindustrie und ist für die Zukunft gut aufgestellt. IHK-Vizepräsident Hans Graf lobte: „Die Familie Bader trägt das Vorzeigeunternehmen seit weit über 100 Jahren. Die Werte des Mittelstands werden hier gelebt.“