Bayern – pm (26.06.2020) Eine schmerzliche Erfahrung: In Corona-Zeiten konnten Einzigartigkeit und besondere Stärken plötzlich zum Handicap werden. Gerade Vertreter der älteren Generation gelten in diesen Tagen als „Risikogruppe“, die aus gesundheitlichen Gründen von den Kontaktbeschränkungen besonders betroffen ist. Das berührt die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Aktivsenioren Bayern e.V. an einer empfindlichen Stelle.
Ihre langjährigen Fähigkeiten und ihr Wissen als Ex-Unternehmer, Manager und Experten sowie ihre Reife prägen den Markenkern dieses seit über 35 Jahren tätigen und gemeinnützigen Vereins. Die allermeisten der 430 Mitglieder (ein Plus von über 10 Prozent gegenüber 2018) sind über 60 Jahre alt. Einige der aktiven Ruheständler haben sogar in den Achtzigern noch wertvolles know how zu bieten. Rund 30 000 persönliche und kontaktnahe Beratungen von Existenzgründern und Kleinfirmen stehen in der Leistungsbilanz der Aktivsenioren. Die Schaffung und der Erhalt von gut 50 000 Arbeitsplätzen in Bayern geht den Angaben zufolge ebenfalls mit auf ihr Konto.
Und nun die Corona-Misere. Wie schmerzlich die Infektion den Verein erwischt hat, beschreibt der Sprecher des Vorstands,Reinhold Heiß: „In den vergangenen Wochen waren wir hauptsächlich bei Beratungen zur Vermeidung der Betriebsaufgabe gefordert. Es gibt indes auch Unternehmer, die in der Krise eine Chance sehen und sich für die Zeit danach fit machen“. Geschäftsmodellanalyse, Optimierung von Marketing und Vertrieb, Rentabilität aber auch Unternehmensnachfolge seien die Stellschrauben an denen jetzt – wo es zwangsläufig mehr Zeit dafür gibt – stärker gedreht werde.
Seit Mitte März sind bei den Aktivsenioren in Bayern alle Versammlungen, Meetings und Konferenzen auf Eis gelegt. Vereinschef Heiß hat seine Mannschaft deshalb zu einer „digitalen Offensive“ via E-Mails, Skype, Video Chats, Telefon oder in den neuerdings stärker gewichteten Sozialen Medien aufgerufen. Die Aktivsenioren halten auf diese Weise laufenden Kontakt zu ihren Klienten.
Es geht immer wieder um Routinen bei den von Arbeitsagenturen, Kammern und Banken kommenden Aufträgen: Bewertung des Business-Plans, die Einschätzung der persönlichen Talente und Qualitäten für eine Selbständigkeit und letztlich um die begehrte Tragfähigkeitsbescheinigung für einen Gründungszuschuss. Exakt 963 derartiger Anschubprojekte für Existenzgründer konnte der Aktivsenioren Bayern e.V. 2019 abschließen und auf einen guten Weg bringen – ein Plus von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Für den Aktivsenior und stellvertretenden Regionalleiter in Niederbayern, Rüdiger Westphal, ist die digitale Kommunikation freilich noch lange kein Königsweg. „Ich bin ein erklärter Freund der persönlichen Gespräche“, betont er, „ich finde Distanz als störend und will bei einem Beratungsgespräch das Gesicht meiner Gegenüber aus der Nähe sehen, um ihre Reaktionen einschätzen zu können“.
Dazu wird es – unter leicht veränderten Vorzeichen – schon bald wieder mehr Anlass und Gelegenheit geben. „Wenn die Wirtschaft nach Corona wieder anläuft, werden wir in der Gründungsberatung und beim Coaching sehr viel zu tun haben “, prognostiziert Rüdiger Westphal. „Da kommen richtig viele Nachfragen auf uns Aktivsenioren zu“.