Bayern – pm (01.03.2021) Die Geschichte lehrt, dass nicht jeder Fortschritt für uns Menschen wirklich gut ist. Das war so bei Asbest, Atomenergie, Contergan, Glyphosat, u.v.m. Heute ist die Wissenschaft in der Lage, jeden Fortschritt genau zu untersuchen. Doch manchmal ist das nicht erwünscht, so bei 5G. Zuerst als Quantensprung angepriesen, fragen sich viele Bürger, ob dieser Sprung gut genug geprüft wurde, bevor Politik und Wirtschaft dazu angesetzt haben?
Es gibt zumindest viele Ärzte und Wissenschaftler die Bedenken haben. Zahlreiche Studien belegen, dass gesundheitliche Risiken vorhanden sein können. Im Dezember 2020 ging nach zwöl Jahren ein Rechtstreit zu Ende. Demnach darf Prof. Dr. Alexander Lerchl - als Mobilfunklobbyist bekannt - nun nicht mehr behaupten, dass die REFLEX-Studie von Prof. Dr. Franz Adlkofer falsch sei. Im Umkehrschluss bestätigt das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen, dass die Ergebnisse dieser Studie richtig sind. Mobilfunkstrahlung kann genetische Schäden verursachen, bekanntlich der erste Schritt zur Krebsentstehung.
Beim Rollout von 5G spielen die Regierungen von Bund und Ländern eine wesentliche Rolle. Deutschland soll weltweit eine Führungsrolle bei künstlicher Intelligenz und 5G erreichen und gibt der Wirtschaft dafür freie Hand. Neue Sendemasten sind privilegierte Baumaßnahmen und dürfen damit quasi überall aufgestellt werden, egal ob in Landschaftsschutz-, Naturschutz- oder Wohngebieten. In Bayern sind die Masten seit dem 1. Februar 2021 sogar bis 15 Meter Höhe genehmigungsfrei. Bis dahin waren es zehn Meter.
Die Gemeinden lassen das fast ausnahmslos zu, weil sie sich weder gegen die Regierung noch gegen den vermeintlichen Fortschritt stellen wollen. Dabei enthält der Versorgungsauftrag der Bundesregierung nur eine Internetversorgung mit 100 MBit/s, die wunderbar über Kabel funktioniert und 4G-Mobilfunk. Von 5G ist keine Rede. Das ist nur eine Werbekampagne der Mobilfunkindustrie. Die Gemeinden verzichten ohne Not auf ihre im Grundgesetzt enthaltene Selbstbestimmung. Nun machen die mündigen Bürger auf diesen Missstand aufmerksam, begehren auf und verlangen gesundheitsverträgliche Mobilfunkkonzepte. Ist das zu viel verlangt? Liegen die Gesundheitsvorsorge und der Schutz von Tieren und Natur nicht in unser aller Interesse? Doch viele Bürgermeister und Gemeinderäte sind obrigkeitshörig und schieben das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) vor. Deren Aussage "es konnten bisher keine Gesundheitsschäden nachgewiesen werden", muss relativiert werden. Richtig ist, es wurden bis vor kurzem keine Schäden anerkannt, vor allem, weil die Studien angeblich wissenschaftliche Fehler enthielten. Das europaweite Vorsorgeprinzip verlangt für eine neue Technik den Nachweis, dass sie nicht gesundheitsschädlich ist, bevor sie eingeführt wird. Wieso immer wieder die Beweisumkehr verlangt wird, ist unerklärlich.
Nun rudert aber auch das BfS zurück. Es verlangt jetzt ebenfalls, dass "Wissenschaft und Strahlenschutz Gelegenheit haben (müssen), vor der Einführung der neuen Techniken deren Gesundheitsverträglichkeit zu überprüfen. Bis zur endgültigen Klärung der offenen Fragen fordert das BfS neben den bestehenden Vorschriften zur Gefahrenabwehr eine vorsorgliche Verringerung der individuellen (Strahlen-) Belastung und eine umfassende Information der Bevölkerung. Kinder, Schwangere, Ältere und Kranke sind besonders zu schützen. Tumorfördernde Effekte werden bestätigt und es gäbe Unsicherheiten bei langfristigen Wirkungen". [1] Öffentlich bekannt gemacht, wird das nicht. Bürgerinitiativen müssen danach suchen und dies aufzeigen.
Trotz aller Hinweise ist die erste "Ausrede" der Bürgermeister, "sie können eh nichts dagegen machen". Doch, sie können! Sie benutzen diese Ausrede aber, um weder die Regierung noch die Bürger zu verprellen. Doch die Bürger geben nicht auf. Sie zeigen den richtigen Weg auf. Die Gemeinderäte müssen ein Mobilfunkkonzept beschließen und dies in der örtlichen Bauleitplanung verankern. Je mehr sich Bürgermeister und Gemeinderäte dagegen aussprechen, umso größer werden das Unverständnis und der Widerstand der Bürger. Inzwischen gibt es in Deutschland über 300 Bürgerinitiativen. Ein deutschlandweites Bündnis für verantwortungsvollen Mobilfunk (BVMDe) wurde gegründet. Die Vernetzung weitet sich ständig aus und reicht bis in andere Länder. Im bayerischen Oberland wurde eine Resolution innerhalb weniger Tage von 40 Bürgerinitiativen unterschrieben und veröffentlicht.
In manchen Gemeinden weitet sich die Diskussion um 5G und neuen Sendemasten zu einem öffentlichen Streit aus. Nachdem Mitte Dezember 2020 in Ruhpolding der Bürgerantrag für eine gesundheitsverträgliche Mobilfunkversorgung im Gemeinderat abgelehnt wurde, eröffnete der Bürgermeister der Bürgerinitiative "Lebenswertes Ruhpolding - 5G frei" Anfang Februar in einem Gespräch, dass sich in Ruhpolding zwei neue Mobilfunkmasten in Planung befänden. Das ruft den Widerstand der Bürgerbewegung auf den Plan. Dass der Bürgermeister sich ausdrücklich eine Installation mit 5G wünscht, erhöht nur noch den Widerstand. Deshalb setzt die Bürgerinitiative nun alle angemessenen und notwendigen Mittel ein, die ihr und den Bürgern zur Verfügung stehen, um die neuen Sendemasten zu verhindern.
Ziel der Bürgerinitiative ist nach wie vor, eine gesundheitsverträgliche Mobilfunkversorgung für Ruhpolding zu erreichen. In der Gemeinderatssitzung im Dezember 2020 wurde der entsprechende Bürgerantrag der Initiative mit 13:7 Stimmen abgelehnt. Die Bürgerinitiative hat beim Bürgermeister das Zustandekommen des Gemeinderatsbeschlusses wegen unsachgemäßer, fehlerhafter und falscher Informationen und Angaben gegenüber dem Gemeinderat in 18 Punkten beanstandet. Das wurde vom Bürgermeister im o. g. Gespräch als irrelevant zurückgewiesen. Die gleichzeitig vorgeschlagene Zusammenarbeit, die vorsah, alle Interessen unter einen Hut zu bringen, hat er ebenfalls abgelehnt.
Nun reagiert die Bürgerinitiative mit einer "großen Offensive" und hat zu Beginn einen Offenen Brief an den Bürgermeister und die Gemeinderäte geschrieben. Darin appelliert sie an die Gemeinderäte, die zusammenhangslose Planung der Mobilfunkunternehmen zu verhindern, das gemeindliche Einvernehmen für neue Sendemasten zu verweigern und ein gesundheitsverträgliches Mobilfunkkonzept für die gesamte Gemeindefläche zu veranlassen.
Im Weiteren ist eine große Informationskampagne für die Bürger in Ruhpolding vorgesehen. Das Ganze soll in ein Bürgerbegehren mit Bürgerentscheid für ein gesundheitsverträgliches Mobilfunkkonzept münden.
Parallel beabsichtigt die Bürgerinitiative, Beschwerde gegen das Zustandekommen des Gemeinderatsbeschlusses zum Bürgerantrag vom Dezember beim Landratsamt Traunstein einzulegen. Zudem arbeitet sie an der Aufdeckung des - wie es die Initiative nennt - "bayerischen Förderskandals" für geförderte Gefälligkeitsgutachten zu Mobilfunkbasisstationen.
Neben den zahlreichen Ärzten und Wissenschaftlern, die bereits ihre Bedenken zu 5G geäußert haben, fordert aktuell der Vorsitzende des Umweltrechtsausschusses im Deutschen Anwaltverein, Prof. Müggenborg, die Einhaltung des Vorsorgeprinzips. Prof. Armin Grunwald, Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, hält den Einsatz von 5G ohne Studien für ein Realexperiment am Menschen.
Erste Erfolge der Initiativen im Chiemgau sind zu verzeichnen. In Rimsting hat der Gemeinderat ein Mobilfunkkonzept beschlossen. In Rohrdorf hat sich der Gemeinderat gegen einen 55 Meter hohen Sendemast im Naturschutzgebiet ausgesprochen. In Schleching hat ein Mobilfunkkonzept gezeigt, dass das Gemeindegebiet ausreichend versorgt ist.
Auf den Offenen Brief der Ruhpoldinger Bürgerinitiative hat der Bürgermeister mit einer Mitteilung an alle Mitglieder der Initiative reagiert. Die darauf erfolgte Antwort zeigt, wie weit Bürgermeister und Bürgerinitiative auseinander liegen. Gleichwohl könnte es noch einen gemeinsamen Weg geben. Aus dem Gemeinderat sind erste positive Reaktionen in Richtung der Bürger zu vermelden und die Bürgerinitiative hat ihr Angebot für eine Zusammenarbeit mit der Gemeinde wiederholt.
Auf die Frage der Bürgerinitiative, wofür die Bürger im Ort 5G bräuchten, gibt es bis heute keine Antwort. 5G leistet auf dem Land nicht mehr als 4G. Für Industrie und Handwerk können Campuslösungen sinnvoll sein. Ansonsten löst ein Anschluss mit Glasfaserkabel alle Versorgungsprobleme. Er ist schnell und gesundheitsverträglich!