Trotz verbotener Durchfahrt juckt es Autofahrer kaum, die Abkürzung durchs Balsgäßchen zu nutzen. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (18.03.2021) „Geben Sie doch zu, Sie wollen die dauerhafte Durchfahrt legitimieren“. Dieser Satz von Oberbürgermeister Alexander Putz im gestrigen Verkehrssenat charakterisiert die Positionen der Parteien. OB Putz, Grüne, FDP und ÖDP und SPD scheiterten, knapp 1.900 Autos, die das Balsgäßchen als Schleichweg täglich zwischen Neu- und Altstadt benutzen, dauerhaft die Durchfahrt zu verweigern.
Der Tagesordnungspunkt „Verkehrslenkende Maßnahmen Balsgäßchen, Spiegelgasse und Neustadt“, gehört seit 2011 zu den Evergreens der Anträge und Sitzungsvorlagen im Stadtrat. Im Kern geht es darum, dass das Balsgäßchen vor 20 Jahren verkehrsberuhigt wurde. Doch die entsprechende Beschilderung zeigt keine Wirkung. Die Route von der Neustadt kommend, bei der Polizei rechts in die Spiegelgasse, bei der LA Osteria links ins Balsgäßchen, beim Schwarzen Hahn rechts in den Nahensteig und weiter in die Altstadt zum Dreifaltigkeitsplatz wird täglich von 2.229 Autofahrern genutzt. Die perfekte Abkürzung zwischen Neustadt in die Altstadt.
In die nicht enden wollende Reihe von Anträgen, 2. Lesungen und Nachprüfungsanträgen gesellt sich auch die gestrige Debatte in Verkehrssenat. Magnus Stadler von der städtischen Verkehrsplanung hatte dazu Zahlen vorbereitet: 2.229 Autofahrer nutzen diesen Weg täglich trotz Verbot. 86,5 Prozent davon sind Fahrzeuge mit Landshuter Kennzeichen. Nur 310 Anwohner wären dazu per Ausweis berechtigt.
Der Vorschlag seines Amtes lautet, die Verkehrsführung umzudrehen. Wer künftig von der Neustadt in die Altstadt will, fährt nicht durchs Balsgäßchen sondern gerade aus weiter durch die Spiegelgasse. In der umgekehrten Richtung wird die Durchfahrt beim Schwarzen Hahn mit einer Schranke blockiert, die nur berechtigte Anwohner öffnen können. Zudem würde das den Verkehr in der Spiegelgasse um 30 Prozent reduzieren und die Sicherheit für Fußgänger erhöhen.
Der Vorschlag der städtischen Verkehrsplaner wurde in der Vergangenheit bereits im Verkehrssenat und im Plenum knapp abgelehnt. Doch OB Putz geht es darum „Ein Ziel zu lösen. Die Anwohner fühlen sich schon länger im Stich gelassen.“ Den Vorschlag der Verkehrsplaner nannte Putz „zweckmäßig“ und „charmant“.
Mitantragsteller Norbert Hoffmann (FDP) appellierte ebenfalls „die unberechtigten Durchfahrten zu reduzieren“, zumal das Thema seit zwei Jahren nun schon zum vierten Mal politisch behandelt wird.
Der SPD geht es darum, „mit einfachen Mitteln das Durchfahrtsverbot durchzusetzen“, so Anja König. Daher zeigt sie sich mit einer Umkehr der Fahrtrichtungen nicht einverstanden. Dr. Dagmar Kaindl (SCU) befürchtet, dass an der Schranke beim Schwarzen Hahn ein Verkehrswendechaos stattfinden wird.
„Der Einzelhandel benötigt den Fluss der Käufer, den wir abriegeln“, befürchtet Lothar Reichwein (CSU): „Wenn wir da zusperren, haben wir ein Theater mit dem Einzelhandel“, denn es gibt dann keine Möglichkeit mehr, von der westlichen Seite die Neustadt anzufahren. „Das was Sie sagen ist unsinnig“, konterte OB Alexander Putz. „Dazu ist die Spiegelgasse nicht geeignet. Geben Sie doch zu, Sie wollen die dauerhafte Durchfahrt legitimieren.“ Für Putz ergibt sich die größte Änderung für die 2.000, die täglich illegal durch das Balsgäßchen fahren.
Maximilian Götzer (CSU) schlug eine noch drastischere Variante vor: „Ich bin für eine vollständige Öffnung. Ich sehe keine Gründe für ein Durchfahrtsverbot, außer einer politischen vor 20 Jahren wegen Schadstoffen und Lärm. Ich verstehe nicht, dass wir ein Verbot durchsetzen wollen, nur weil es dort engagierte Anwohner gibt.“
Darauf blickte OB Alexander Putz und sprach: „Ich erspare es mir zu antworten, weil es sinnlos ist.“
„Wir haben die Verkehrsberuhigung nicht zur Gaudi beschlossen“, erläuterte Prof. Dr. Frank Palme (Grüne). Es ging damals um Luftreinhaltung und Lärmschutz für die Anwohner. Für Palme ist es den Autofahrern zumutbar, ihre Gewohnheiten zu ändern.“
Auch Jutta Widmann (FW) sprach sich dafür aus, die bestehende Regelung beizubehalten, da der Einzelhandel mit schwierigen Zeiten zu kämpfen hat. Vielmehr sollte man die Polizei bitten, die Kontrollen erhöhen.
„Wir haben seit 20 Jahren die Regelung, dass man da nicht durchfahren darf“, erinnerte Dr. Thomas Keyßner (Grüne). „Jetzt geht es darum, diese Regelung durchzusetzen“. Zudem kündigte Keyßner bei einem scheitern des Antrags, diesen in sechs Jahren wieder zu stellen. Auch Dr. Stefan Müller-Kroehling (SPD) erinnerte an die Historie: „OB Deimers Ziel war es mit dem Tunnel die historische Innenstadt vom Verkehr zu befreien. Das sollten wir weiter verfolgen.“
OB Alexander Putz, Jürgen Wachter (FDP), Prof. Dr. Frank Palme, Dr. Thomas Keyßner (Grüne) und Dr. Stefan Müller-Kroehling (ÖDP) unterlagen mit ihren fünf Stimmen gegen CSU, SPD, Freie Wähler und die AfD, die Fahrtrichtungen zu ändern und eine Schranke zu installieren. Der SPD-Antrag, die Fahrtrichtungen bei zu behalten und bei der LA Osteria eine Schranke bzw. versenkbaren Poller einzubauen, scheiterte mit 4:7.