(22.06.2016) - Spargel, Erdbeeren, Gurken und Silagen – In Niederbayern, wie in ganz Deutschland und anderen europäischen Ländern gewinnt der Einsatz von Agrar-Folien zunehmend an Bedeutung. Sie sind sowohl im Gemüseanbau als auch bei der Futterernte und der Silage-Herstellung nicht mehr wegzudenken. Für die Vertreter des Fischereiverbandes Niederbayern sind die riesigen Gemüseabdeckungen mit Plastikfolien ein immer wiederkehrendes Ärgernis.
Nicht selten liegen sie, v.a. nach Unwettern achtlos in und an Gewässern. „Mit Sorgfalt können wir schon bei den Zuflüssen der Donau entlang der Gemüseanbaugebiete beginnen, Einschwemmungen von Plastik zu vermeiden“, zeigen sich der Fischereiverband Niederbayern und die Landtagsabgeordnete Ruth Müller überzeugt.
Neben der Verschandelung der Landschaft bergen diese Folien auch eine große ökologische Gefahr: „Nicht nur in den Ozeanen oder dem Schwarzen Meer treiben riesige Mengen von Plastikmüll. Auch die heimischen Flüsse sind zunehmend belastet. Wenn Plastikfolien in kleinste Teile, kleiner als 5 Millimeter, zerfallen, spricht man von Mikroplastik. Diese Art der Belastung unserer Flüsse rückt erst seit kurzem in das Bewusstsein der Menschen. Es gibt hier noch großen Forschungsbedarf“ so Jörg Kuhn, Geschäftsführer des Fischereiverbandes Niederbayern. Das sei alarmierend, wenn man bedenkt dass der Fisch das Endglied der Nahrungskette ist und unsere Kläranlagen diese Mikropartikel nicht herausfiltern können, zeigte sich Kuhn besorgt. „In einem EU- Projekt wurden Rhein, Dalälven in Schweden, der Po in Italien und die Donau untersucht. Die Donau war mit Abstand der verschmutzteste Fluss. Es gibt hier noch großen Forschungsbedarf“.
Mikro-Plastik war deshalb auch ein Thema beim gemeinsamen Dialog zwischen Fischereiverband und SPD-Mandatsträgern am 18. April 2016 im Ruderhaus in Deggendorf. Neben MdB Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt und Bau, der Europaabgeordneten Maria Noichl, MdB Rita Hagl-Kehl gehörte auch MdL Ruth Müller aus Landshut der Gesprächsrunde an. Von Seiten des Fischereiverbandes Niederbayern waren Präsident Dietmar Franzke, Geschäftsführer Jörg Kuhn und Beiratsmitglied Johannes Lehner (FV Plattling) beteiligt. Müller versprach, die Entsorgungswege und eventuelle Alternativen abzufragen.
In der Antwort der Staatsregierung, die nun auf die Schriftliche Anfrage zu „Folienabdeckungen für Obst und Gemüse“ eingegangen ist, erklärt die Staatsregierung, „dass ein Abschwemmen oder eine Windfracht von Agrarfolien in Gewässer unwahrscheinlich ist, da die Folienbahnen meist mehr als 100 m lang sind“. Die Verwendung von Folien ermögliche Landwirten und Gartenbaubetrieben, ihre Produktion und Qualität zu steigern. Der Anbau unter Folie ermögliche höhere Erträge, Ernteverfrühung oder –verspätung und somit eine bessere Positionierung auf dem Markt.
Bio-Mulchfolien sind nicht praxistauglich
Zum Einsatz biologisch abbaubarer Folien u.a. auf Basis von Mais- oder Kartoffelstärke, wie Ruth Müller anregte, erklärt die Staatsregierung, „dass ein verpflichtender Einsatz von Mulchfolien aus biologisch abbaubaren Biokunststoffen derzeit nicht als sinnvoll erachtet wird“. Bio-Mulchfolien würden in der Praxis erhebliche Schwächen zeigen: „So erfolgt die gewünschte Zersetzung zu langsam oder zu schnell (bereits nach wenigen Wochen). Eine zu schnelle Zersetzung führt dazu, dass Flächen verunkrauten und zusätzliche Kulturmaßnahmen notwendig werden“. Zudem würden „Bio-Mulchfolien beim Abbau in kleinere Stücke zerfallen, wodurch eine steigende Verunreinigung der Flächen mit Kunststoff zu befürchten ist. Meist findet im Feld auch kein vollständiger Abbau der Folien statt, denn hierzu wären spezialisierte Kompostieranlagen mit sehr hoher Rottetemperatur nötig“. Die Staatsregierung kommt zu dem Schluss: „Durch die Zersetzung von Bio-Mulchfolien in kleine und kleinste Stücke kann eine Windverfrachtung und Abschwemmung in Gewässer bei diesem Folientyp grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden“. Im Gegensatz dazu würden klassische Mulchfolien nach der Ernte komplett abgeräumt und ordnungsgemäß entsorgt. Dies sei die Gewähr dafür, dass Mulchfolien nach Gebrauch nicht in den bayerischen Gewässern landen und zur Gefahr für die Lebewesen würden.
„Für die Verwertung ist der Abfallerzeuger selbst verantwortlich“, so die Staatsregierung. Zur Erfüllung der Vorgaben der GewAbfV an eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung bieten Entsorgungsdienstleister landwirtschaftlichen Betrieben auch Entsorgungswege für Folienabdeckungen an. Sammelstellen sind meist die regionalen Lagerhäuser, bei denen die aufgewickelte Folie besenrein und ohne Fremdbestandteile abgegeben werden kann.
Die Landtagsabgeordnete Ruth Müller und der niederbayerische Fischereiverband fordern deshalb Landwirte zur fachgerechten Entsorgung der Agrar-Folien auf. Die von den Landwirten bei den Sammelstellen angelieferten Folien werden zu den Folienherstellern transportiert. Sie werden dort in einem speziellen Recyclingverfahren zerkleinert, mehrmals intensiv gewaschen, getrocknet und in einem Extruder aufgeschmolzen. Das gewonnene Regranulat wird bei der Herstellung neuer Silofolien und Baufolien wieder eingesetzt und somit der Kreislauf geschlossen.
"Unsere Landwirte können mit einer fachgerechten Entsorgung der Agrarfolien einen wertvollen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz leisten und dieser Verantwortung müssen sie auch im Sinne des internationalen Gewässerschutzes gerecht werden", stellt Müller fest.
Im Bild oben: Im Dialog mit den niederbayerischen Fischern: MdB Florian Pronold, Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt und Bau (3.v.li.), MdB Rita Hagl-Kehl (4.v.li), Europaabgeordnete Maria Noichl (li) und MdL Ruth Müller (2.v.li.) mit Dietmar Franzke, Präsident (2.v.re.), und Jörg Kuhn, Geschäftsführer des niederbayerischen Fischereiverbands (re.)