Rien ne va plus - Die Wähler haben angekreuzt: Bayern hat einen Ruck zu den Populisten erlebt. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (10.10.2023) Im Wahlkreis „204 Landshut“ kam es am Wahlsonntag zu einer massiven Stimmenverschiebung zu Gunsten der Freien Wähler. Plus 12,2 Prozent holte die Partei des Ministers für Wirtschaften und Bierzelt, Hubert Aiwanger bei den Erststimmen. Die AfD konnte mit plus 1,3 Prozent nur leicht zulegen. Verlierer waren die Grünen, die CSU und die FDP. Bei den Ampelparteien war die Stimmung am Sonntag Abend durchaus gedrückt aber optimistisch.
„Das Ergebnis ist nicht gut, da gibt es nichts schön zu reden“, erklärt FDP-Stadträtin Kirstin Sauter. Bedenklich hält sie allerdings das Ergebnis der AfD, die über alles schimpft, aber keine Lösungen oder zukunftsträchtige Ideen bringt. AfD-Platitüden wie „Raus aus der EU und raus aus der NATO“, genügen nicht. Es wird einfach nur noch rausgeschrien, was einem nicht passt. Wenn es um die Lösung des Fachkräftemangels, den Personalnotstand in der Pflege oder um Bildung geht, kommt von dieser Partei nichts Inhaltliches.
Am Wahlabend besprechen MdB Nicole Bauer (r.) und Stadträtin Kirstin Sauter (2. v. r.) das Wahlergebnis.
So haben sich die Freien Wähler mit Hubert Aiwanger an der Spitze ebenso immer weiter in den Populismus hineintreiben lassen, ohne Lösungen zu bieten. Damit sitzen nun 30 Prozent Populisten im Landtag, rechnet Sauter vor und fragt, was der Wirtschaftsminister in den letzten fünf Jahren eigentlich für Bayern gemacht hat.
So gibt sich Kirstin Sauter sicher, dass sowohl im Land-, als auch im Bezirkstag liberale Ideen von Nöten sind. Denn die FDP will denen, die die wirtschaftliche Wertschöpfung erbringen einen guten Boden dazu bereiten. Diese Betriebe sind es letztendlich die stabile Arbeitsplätze bieten und Gewerbesteuern bezahlen. „Nur Steuergeld, das auch reinkommt, kann auch ausgegeben werden“, so Sauter und fügt an, „dass sich Arbeit mit Blick in den eigenen Geldbeutel wieder lohnen muss.“
Die Wähler waren im Wahlkreis Landshut durchaus anderer politischer Meinung als in Bayern. Vor Ort bekamen die Freien Wähler mehr Zuspruch. (Das Bayernergebnis im helleren Balken, das Landshutergebnis im dunkleren dargestellt) - Grafiken: W. Götz
So pflichtet Kirstin Sauter dem nicht wieder gewählten Landtagsabgeordneten Helmut Radlmeier bei wenn er sagt: „Politische Arbeit wird nicht mehr Wert geschätzt.“
So stellt sich auch für Kirstin Sauter die zentrale Frage, wie man die Populisten wieder zur politischen Realität zurück bringen kann und kündigt an: „Wir geben nicht auf, wir lassen uns von den Rechten nicht zurück drängen.“
Die regionale SPD bebachtete den Wahlausgang im Weißes Bräuhaus Zum Krenkl.
Stadträtin und SPD-Vorsitzende Patricia Steinberger zeigte sich restlos enttäuscht über den blauen Balken, der auf die Leinwand im Gasthaus zum Krenkl projiziert wurde. Sie hätte sich viel lieber ein zweistelliges Ergebnis für die SPD gewünscht. „Diese Entwicklung kann ich nicht verstehen und auch nicht Gut heißen.“ Steinberger resümiert: „Wir klassischen Volksparteien müssen uns etwas überlegen, wie wir dem entgegnen können“ und sie warnt: „Wehret den Anfängen, bekommt immer mehr Bedeutung, denn rechte Politik darf nicht salonfähig werden.“
Ihr Vater, Stadtrat Gerd Steinberger analysiert: „Die CSU und die Freien Wähler hat ihr eigenes Verhalten wie ein Bumerang eingeholt und sie haben die Rechnung mit einer starken AfD bekommen. Nach diesem Eigentor sollten sie ihr Verhalten auch im Stadtrat hinterfragen.“
Die Ergebnisse zur Landtagswahl in Landshut seit 2013 im Überblick. (Ergebnis 2013 heller Balken, Ergebniss 2018 mittlerer Balken, Ergebniss 2023 dunkler Balken)
„Wehret den Anfängen“, warnt auch die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landshuter Stadtrat Anja König und zeigt sich erschüttert über die Wähler von AfD und den Freien Wählern. „Wir sind immer die, die daran erinnern, was passiert, wenn die Rechten an die Macht kommen. Anja König glaubt aber auch, dass sich diese Wähler zu wenig damit beschäftigt haben, was diese Parteien im Schilde führen.
Die Anspannung war bei den Grünen groß, gesteht noch MdL Rosi Steinberger ein, die nicht mehr für den Landtag kandidierte. Die Grünen wollten stärker sein als die AfD, haben es aber trotzdem geschafft, mit zwei niederbayerischen Abgeordneten wieder ins Maximilianeum einzuziehen.
Die Grünen trafen sich in der Zentrale zum Rieblwirt und beobachteten gemeinsam neueste Hochrechnungen.
Dass es die AfD als rechtsradikale Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, auf Platz zwei geschafft hat, dazu fehlt Rosi Steinberger jegliche Phantasie. Sie hat es im Landtag selbst erlebt, dass durch die AfD nichts besser wird, nichts Konstruktives kommt, sondern nur Zerstörung. Dass die Leistungen der Ampelregierung auf Bayern zu sehr abgefärbt haben, glaubt Steinberger weniger, aber man hat es nicht geschafft, die Erfolge positiv zu verkaufen.
Vielmehr hat Rosi Steinberger im Wahlkampf eine Kampagne von Desinformationen, Populismus und ein schlecht reden der Bundespolitik erlebt. Hier nimmt sie auch die CSU und die Freien Wähler in die Pflicht. Daher müssen nun alle Demokraten zusammenarbeiten, um diesem Hass zu begegnen.
Die Ergebnisse zur Landtagswahl in Bayern seit 2013 im Überblick. (Ergebnis 2013 heller Balken, Ergebniss 2018 mittlerer Balken, Ergebniss 2023 dunkler Balken)
Iris Haas, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, gratulierte ihrem Landtagskandidaten Johannes Hunger zu seinem Wahlkampf frei von Populismus und dankte allen Grünen Wählern, die aufrecht hinter der Demokratie in der Stadt stehen.
Johannes Hunger selbst erlebte einen „absurden“ Wahlkampf mit einer gewaltigen Stimmungsmache gegen die Grünen. Aber viele Wähler erkennen, dass sich Themen wie die Klimakrise, regenerative Energieversorgung, der Ausbau von Schulen, Kitas und dem ÖPNV am besten mit den Grünen erreichen lassen.