Eine Viertelstunde vor Schichtbeginn um 6 Uhr morgens öffnet die Villa Kunterbunt im Magdalenenheim der Hl. Geiststiftung der Stadt. Darauf haben sich Stiftungsverwalter Dieter Groß und Ele Schöfthaler, Vorsitzende des Landshuter Vereins ZAK, geeinigt. Der Verein, der im Stadtteil Nikola und im Industriegebiet schon zehn Kindernester mit flexiblen Öffnungszeiten betreibt, übernimmt zum September die vor fünf Jahren eingerichtete Villa Kunterbunt. Das neue Angebot des Vereins soll in erster Linie Familien zu Gute kommen, in denen Vater oder Mutter in der Pflege oder im Verkauf mit frühem Arbeitsbeginn arbeiten.
Zehn Kinder werden dort von einer Erzieherin und zwei Tagesmüttern zu den Zeiten betreut, zu denen die Eltern arbeiten müssen. Bei Bedarf auch am Wochenende.
Freilich reibt sich manches Kind morgens um viertel vor 6 Uhr noch die Augen, wenn es in die Villa Kunterbunt kommt. Doch sei es allemal besser, ein Kind könne in der geborgenen Atmosphäre des Kindernestes noch ein bisschen nachschlummern und dann in Ruhe frühstücken, als zuhause bei einer Mutter zu sitzen, die unzufrieden ist, weil sie lieber selbst für den Familienunterhalt sorgen würde, als auf Hartz IV angewiesen zu sein. Davon ist Ele Schöfthaler überzeugt.
Sie möchte mit den neuen Öffnungszeiten in der Villa Kunterbunt besonders Alleinerziehenden Mut machen zum Wiedereinstieg in den Pflegeberuf. Stiftungsverwalter Dieter Groß will seinerseits Alleinerziehenden dadurch entgegen kommen, dass er ihnen nach Möglichkeit die Frühschicht anbietet.
Im Herbst bietet der Verein ZAK pädagogischen Talenten mit einer Ausbildung zu Tageseltern erneut die Chance, unter Anleitung einer erfahrenen Erzieherin in einer Kindergruppe pädagogisch zu arbeiten, um vielleicht später auch selbst den Erzieherberuf nebenberuflich zu erlernen. Fünf Frauen haben in den vergangenen vier Jahren bei ZAK ihr Anerkennungsjahr als Erzieherin absolviert, eine beginnt ihr Anerkennungsjahr nach der bestandenen Erzieherprüfung im Herbst im Verein.
Weitere fünf Tagesmütter des Vereins steigen im Herbst neu ein in das Seligenthaler-Modell, das pädagogischen Talenten mit Berufserfahrung die Chance bietet, sich nebenberuflich in einem Jahr auf den Erzieherabschluss vorzubereiten.
Der Verein ZAK bietet in seiner Grundausbildung bereits viel von dem, was an pädagogischem Fachwissen dafür nötig ist. Oft handeln pädagogisch interessierte Tageseltern in der Praxis genauso, wie es die moderne Pädagogik erwartet, sie kennen aber die passenden Fachbegriffe für ihr Handeln nicht. Sie fördern die Selbsttätigkeit der Kinder ohne das Wort Selbsttätigkeit zu nutzen. Sie locken mit Rhythmus und Bewegungsangeboten, ohne den Stellenwert der Bewegungserziehung zu kennen. Sie zeigen, dass sie das, was sie mit den Kindern tun, mit Freude tun, ohne zu wissen, dass sie es dadurch den Kindern ermöglichen, besonders leicht „am Modell zu lernen“. Sie lassen sich nicht unterkriegen, wenn etwas nicht sofort klappt, kennen aber den Fachbegriff Resilienz noch nicht dafür.
Hier hilft der Verein jungen und älteren Quereinsteigern mit dem passenden, theoretischen Lernprogramm. Und weil Kinder vor allem dann lernen, wenn sie selbst forschen und etwas ausprobieren dürfen, sollen auch Erwachsene diese Art zu lernen erproben. Vom einfachen Vorlesen einer Geschichte bis zur wirkungsvoll mit bunten Tüchern und Holzfiguren inszenierten Erzählung werden verschiedene Methoden erprobt, Kinder im Singkreis für Neues zu interessieren.
„Oft merken Frauen und Männer erst mit Mitte 30 oder noch später, dass ihr Traumberuf in der Kinderbetreuung liegt“, sagt Ele Schöfthaler. Für diese Menschen bietet ZAK fast jede Chance zur beruflichen Qualifikation – unter einer Voraussetzung: Die Frauen und Männer sind bereit, nach Feierabend und am Wochenende zu lernen und sich in der Praxis von erfahrenen Erzieherinnen anleiten zu lassen.
Im Bild: Die Villa Kunterbunt im Magdalenenheim gehört ab September zum Verein ZAK.