„Der ist des Teufels!“ oder „Ein Dämon hat ihn heimgesucht!“ sind Ausrufe, die psychisch erkrankte Menschen früher über sich ergehen lassen mussten. Depression, Sucht und Wahn, heute anerkannte psychische Erkrankungen, wurden damals verpönt und mit Ausgrenzung und Verachtung bestraft, einfach weil man nicht damit umzugehen wusste.
Wenn man auf die historische Entwicklung der Psychiatrie zurückblickt, stellt man fest, wie viel sich verändert hat. „In den letzten 40 Jahren konnte man einen großen Fortschritt im Umgang mit psychisch Kranken und dem Begriff der Psychiatrie, politisch, medizinisch und sogar gesellschaftlich sehen“, berichtet Sozialpädagogin Gabriele Becker, die Geschäftsführerin des Regionalen Steuerungsverbundes (RSV) für die psychosoziale Versorgung in Stadt und Landkreis Landshut.
Der RSV Landshut ist ein Gremium, in dem alle in der psycho-sozialen Versorgung beteiligten Personen und Institutionen aus der Stadt und dem Landkreis Landshut vertreten sind. Eine Aufgabe des RSV ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Belange psychisch kranker und behinderter Menschen. Deshalb veranstaltet er vom 8. bis 16. Oktober 2015 im Vortragssaal der Volkshochschule (VHS) Landshut die Landshuter Aktionstage zu „40 Jahre Psychiatrie-Enquête“. Willkommen sind alle Interessierten, Fachleute wie Laien.
Aus seiner reichen Berufserfahrung heraus wird der Zeitzeuge Prof. Dr. Matthias Dose, Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vor allem über den medizinischen Fortschritt sprechen: Prof. Dr. Dose war bis zum letzten Jahr Ärztlicher Direktor des BezirkskrankenhausesTaufkirchen/Vils. Gemeinsam mit Manfred Hölzlein, dem langjährigen Bezirkstagspräsidenten von Niederbayern und früheren Betreuungsrichter, sowie Klaus Nuißl, „EX-IN“-Gesundheitsbegleiter werden die Fachmänner bei der Auftaktveranstaltung am Donnerstag, den 8. Oktober, in einer Gesprächsrunde diskutieren und somit den Startschuss für die kommende spannende Woche geben.
„EX-IN“ steht für Experienced-Involvement und lässt sich übersetzen mit Einbeziehung von Psychiatrie-Erfahrenen. Vormals psychisch Kranke in stabiler Lage werden geschult, um anderen in schwierigen Situationen aus der Grundlage eigener Erlebnisse zu helfen. Eine Selbsthilfegruppe sozusagen, nur mit geschultem Personal.
Die Veranstaltungsreihe des RSV findet in Kooperation mit der Volkshochschule Landshut statt, die dafür Räume in der Ländgasse kostenlos zur Verfügung stellt. Jeder Tag der Aktionswoche ist einem Teilbereich der Arbeit des RSV gewidmet.
Der Arbeitskreis Gemeinde-Psychiatrischer Verbund (GPV) informiert am Freitag, 9. Oktober, mit einem Dokumentarfilm darüber, wie sich eine Psychose-Erkrankung eines Menschen auf das Leben seiner Familie auswirken kann. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zum moderierten
Gespräch mit Betroffenen und Angehörigen sowie mit Dr. Amalie Gerstl, Oberärztin am Bezirkskrankenhaus (BKH) Landshut.
Der Arbeitskreis Gerontopsychiatrie (Psychische Erkrankungen im Alter) zeigt tags darauf einen Film zum Thema Demenz. Bei einem moderierten Gespräch können im Anschluss daran Fragen gestellt und über Erfahrungen diskutiert werden.
Der Arbeitskreis Depression setzt sich am Dienstag, 13. Oktober, mit „Psychischer Erkrankung und Freizeit“ auseinander. Ulrich Buschkämper, Diplom-Sozialarbeiter und Bereichsleiter der Lebenshilfe e. V. Regen, referiert zum Thema „Von der Freizeitbewältigung zur aktiven Freizeitgestaltung“ woran sich eine Mitmachaktion unter dem Motto „Freizeit – gemeinsam erleben“ mit dem Heil- und Erlebnispädagogen Ronny Reinhold anschließt.
„Suchtkrankheit und Arbeit – geht das?“ – wer sich diese Frage stellt und kompetente Antworten darauf erhalten möchte, sollte am Donnerstag, 15. Oktober, zu einer Diskussion mit Experten unterschiedlicher Disziplinen vom Arbeitskreis der Suchthilfe kommen.
Abgerundet werden die Aktionstage am Freitag, 16. Oktober, vom Arbeitskreis für Kinder und Jugendliche mit einem Impulsvortrag von Dr. Matthias von Aster, Chefarzt der Kinder- und Jugend-Psychiatrie am BKH Landshut, zum Thema „22 Jahre Kinder- und Jugend-Psychiatrie in Landshut“. Mit dem letzten Programmpunkt, dem Podiumsgespräch, bei dem Fachleute für offene Fragen – insbesondere auch von Eltern – zur Verfügung stehen, endet die Aktionswoche.
Die jeweils um 19 Uhr beginnenden Abende bieten ein breites Spektrum ausführlicher Informationen zum „Mysterium menschliche Psyche und
Psychiatrie“. Die Veranstalter danken dem Künstler, der im Titelbild der Veranstaltung seine Interpretation von Psychiatrie mit der Öffentlichkeit teilt, den Referentinnen und Referenten, der VHS Landshut und allen anderen Engagierten, die zum Gelingen der Aktionstage beitragen.
Die Vorträge sind selbstverständlich kostenlos und finden in der Volkshochschule Landshut im Vortragssaal im 3.Stock statt.
Das Programm der Aktionswoche kann auch auf der Internet-Seite des Landkreises nachgelesen werden, www.landkreis-landshut.de.
Im Bild oben: Jan Ritzer, 1. Vorsitzender des RSV, die Geschäftsführerin des Vereins, Gabriele Becker, sowie der 2. RSV-Vorsitzende Dr. Martin Blessing.