Der Vorsitzende der Ortsgruppe Landshut im BUND Naturschutz Christian Schiener überreichte dem Ehrengast Dr. Auguste von Bayern ein Landshuter Buchskranzl. - Foto: Chritoph Stein
Landshut – pm (05.07.2023) Die Stadt Landshut ist für vieles weitbekannt. Auch ihre artenreiche und schöne Natur in der Ochsenau, die Isar-Hangleite und die blühende Wiesenlandschaft der Hochfläche im Hügelland gehören dazu. Von der reichen Artenvielfalt, die als Natura 2000-Gebiet europäische Bedeutung hat, überzeugte sich jüngst Dr. Auguste von Bayern, die auch bayerische Natura 2000-Botschaftern ist. Hierzu hatte die Ortsgruppe Landshut im BUND Naturschutz eingeladen. Die Führung hat der bekannte Gebietsbetreuer Fabian Hertrich übernommen.
Landshut stand im bayernweiten Mittelpunkt beim europäischen Natura 2000-Tag, dem 21. Mai. Zu diesem von der Europäischen Union ausgerufenen europaweiten Tag hatte die BUND Naturschutz-Ortsgruppe Landshut ein Veranstaltungsprogramm zusammengestellt, das viele Besucher aus nah und fern anzog. Mächtige Ochsen, zarte Gelbbauchunken und viele attraktive heimische Pflanzen und Blumen gab es im FFH-Gebiet Hangleiten der Unteren Isar mit ehemaligem Standortübungsplatz Landshut zu bestaunen.
Im Zentrum der Veranstaltung stand aber die bekannte Biologin und Ornithologin Dr. Auguste von Bayern aus dem bayerischen Adelshaus der Wittelsbacher, die mit ihrer Familie in die frühere bayerische Residenzstadt anreiste, um mit den örtlichen Naturschützern den europäischen Natura 2000-Tag zu feiern. „Dieser Planet ist sehr stark durch den Menschen und seinen Ressourcenverbrauch geprägt,“ erläuterte Auguste von Bayern eingangs. So gebe es unter den Säugetieren auf der Erde bereits wesentlich mehr Nutztiere als Wildtiere. „Für die natürliche Artenvielfalt auf diesem einzigartigen Planeten der Biodiversität bleibt immer weniger Raum“, zeigte Auguste von Bayern auf. „Doch es gibt auch viele Funken der Hoffnung“, fuhr sie fort und wandte sich an die Exkursionsteilnehmer, „denn Sie alle stehen heute für das FFH-Gebiet, das einen intakten Ausschnitt aus der Landshuter Naturvielfalt zeigt und das unbedingt ungeschmälert für die Nachwelt erhalten werden muss.“
Nach einleitenden Worten durch die Vertreter der BN-Ortsgruppe sowie von Laura Öztümer für die Regierung von Niederbayern bzw. für die Naturschutzakademie in Laufen zu Natura 2000 erläuterte Gebietsbetreuer Hertrich die Geschichte des Gebietes. Es sei seit dem 19. Jahrhundert ein militärisches Übungsgebiet gewesen und als besonderer Glücksfall vor einigen Jahrzehnten als Naturschutzgebiet und auch als europäisches Schutzgebiet gesichert worden.
Helmut Naneder vom Landschaftspflegeverband stellte den Teilnehmern die überaus beeindruckenden ungarischen Graurinder vor, die sich imposant in ihrer Weidelandschaft zeigten. „Landshut lag am bayerischen Ochsenweg und auch der Name Ochsenau deutet auf die historische Nutzung ganz eindeutig hin. Der Viehtrieb aus Pannonien (Ungarn) war auch förderlich für die natürliche Artenvielfalt und so manche östliche Art mag auf diesem Wege nach Bayern gelangt sein.“
Bald umfasste der kühle Hangleitenwald die Exkursiongruppe. Fabian Hertrich zeigte anhand von Quelltümpeln auf, warum es notwendig sei, sich aktiv im Gebietsmanagement zu betätigen. „Früher in der einstigen Wildflussaue der Isar verbreitete Arten wie die Gelbbauchunke haben in der heutigen technisierten Landschaft kaum mehr eine Überlebenschance“, so der erfahrene Gebietsbetreuer. „Und auch in einem Schutzgebiet müssen gezielte Maßnahmen ergriffen werden, denn immerhin ist dieses FFH-Gebiet u.a. zum Schutz der Gelbbauchunke ausgewiesen worden“. Der Erfolg der Maßnahmen konnte mit einer Unke belegt werden, die insbesondere den zahlreichen Kindern vorsichtig demonstriert wurde.
Über die Flora des Hangwaldes berichtete Christoph Stein von der Ortsgruppe des BN. „Die Hangleiten verfügen über eine europäisch bedeutende Laubwaldflora“, erklärte er anhand der Türkenbundlilie, des Bingelkrautes und der besonders seltenen Süßen Wolfsmilch. „Diese Arten zusammengenommen stehen für einen artenreichen Hangwald, wie er gerade im Tertiärhügelland Niederbayerns sonst kaum mehr vorkommt,“ so der Referent. „Besondere Highlights der Hangwälder sind aber einzelne echte Alpenpflanzen wie das Alpenblaugras, der Zwergbuchs oder der Klebrige Salbei, welche an besonders steilen oder versteckten Plätzen heute noch vorkommen und die Isar bis weit in das Vorland begleiten“.
Die Gruppe folgte weiter dem verschlungenen Pfad zwischen Totholz, Baumriesen und kalkreichen Quellaustritten, für die die Hangleite weithin berühmt ist. Unvermittelt aber stand man dann auf der dürren Ebene der Ochsenau, die ein besonderer Ort der Vielfalt ist, auch wenn man das der kargen, steppenähnlichen Landschaft auf den ersten Blick kaum ansieht.
Hier erläuterte Rudolf Boesmiller, Botaniker und Mooskundler des Naturwissenschaftlichen Vereins Landshut seine Ergebnisse zu den Pilzarten der Ochsenau. „Gerade der karge, lichtdurchflutete Magerrasen der Ochsenau ist ein Garant für die Artenvielfalt für die höheren Pflanzen aber auch für die Pilze. So manche Pilzart konnte hier für Niederbayern oder Bayern erstmals nachgewiesen oder als Seltenheit bestätigt werden. Dies muss auch die Stadt Landshut vor dem Hintergrund der Bebauungspläne doch ganz klar interessieren“, so der Experte, der sich seit über 40 Jahren mit der Landshuter Natur beschäftigt.
Nach so viel Naturerlebnis, interessanten Einblicken von Fachseite und vielen Gesprächen unterwegs lockte zum Abschluss ein Imbiss auf der aussichtsreichen Höhe beim Panorama-Turm, zu dem die BN-Ortsgruppe Landshut einlud. Käse aus dem FFH-Gebiet, geliefert vom Vilstal-Schäfer, sowie Saft aus heimischen Streuobstwiesen bezeugten, dass Naturschutz auch wunderbar schmecken kann.
Die Vorsitzende der Kreisgruppe Landshut und Mitglied im Landesvorstand des BUND Naturschutz Kathy Mühlebach-Sturm ging auf die Geschichte des Schutzgebietes ein und verwies auf die großen Verdienste von Paul Riederer als einem der Väter des Naturschutzgebietes. „Paul Riederer war der erste, der die große Bedeutung des damaligen Übungsplatzes für die Artenvielfalt erkannte.“ Zwar war der Weg zum Schutzgebiet noch weit, doch BUND Naturschutz, Stadt Landshut und Regierung von Niederbayern bewirkten zusammen die Ausweisung des Gebietes als Naturschutzgebiet, das heute für ganz viele Menschen eine Oase der Erholung und des Naturgenusses darstelle. Erst nachträglich wurde bekannt, dass der verdiente Paul Riederer just an diesem Veranstaltungstag nach einem langen erfüllten Wirken aus dem Leben schied.
Dr. Auguste von Bayern zeigte sich beeindruckt von dem Natura 2000-Gebiet und fasste zusammen: „Das europäische Naturerbe in Bayern zu schützen und zu erhalten, das ist die Aufgabe des Netzes Natura 2000. Der BUND Naturschutz hat gezeigt, dass er hier an der Isarhangleite ein engagierter Partner ist.“ Ortsvorsitzender Schiener bedankte sich beim Ehrengast mit Familie fürs Kommen und überreichte Humpen und Buchskranzerl.