Auch Stadtrat Norbert Hoffmann positionierte sich pro Jugenherberge: "Für Landshut ein langfristiger und nachhaltiger Werbeeffekt". - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (22.09.2022) OB, Verwaltung und Politik müssen merken, was für eine Stimmung in der Stadt herrscht. So lässt sich der Tenor bei der Infoveranstaltung „Rettet die Jugendherberge im Ottonianum“ am Dienstag im Augustiner am Dom zusammen fassen. Schon über 2.000 Unterschriften hat die Initiative in kurzer Zeit gesammelt und will den politischen Druck noch weiter erhöhen.
Als am Freitag, 22. Juli, die Stadträte von CSU, BfL, der Landshuter Mitte, Jungen Liste, den Jungen Wählern, der AfD und Jürgen Wachter (FDP) mehrheitlich das Ende der Jugendherberge im Ottonianum zum Ende des Jahres beschlossen, ahnte noch niemand, dass sich gegen diese Entscheidung eine breite Bürgerschaft engagiert. Seit rund vier Wochen werden Unterschriften für den Erhalt der Jugendherberge und gegen den Verkauf des Ottonianums gesammelt. Zu den prominentester Unterzeichner zählt Alt-OB Josef Deimer.
Die Sprecher der Initiative „rettet die Jugendherberge“, Kim Seibert, Isabel Käsbauer und Fabian Dobmeier betonten am Dienstag: Den Stadtratsbeschluss wollten wir so nicht stehen lassen, denn ein Weiterbetrieb der Jugendherberge wäre auch ohne Renovierung noch bis 2024 möglich.
Um den Stadtratsbeschluss zu kippen und ein Bürgerbegehren zu starten müssen nun gut 3.600 Unterschriften gesammelt werden. Über die Hälfte wurde bereits erreicht.
Acht Stadträte der Grünen, SPD, FDP und ÖDP waren im Augustiner vor Ort und manifestierten ihre Meinung pro Jugendherberge. So auch Sigi Hagl, denn Landshut benötigt eine Jugendherberge nicht nur für Fahrradtouristen sondern für Schulklassen und Vereine, die Jugendarbeit leisten, doch in Landshut passiert nicht. Damit kritisierte Hagl Oberbürgermeister Putz und dessen Ansicht, eine Stadt, die etwas auf sich hält, schaut auf die Jugend. „Seit zehn Jahren wird nur gesehen, dass beim Verkauf des Ottonianums an Geld reinkommt, die Jugend hat man dabei nicht im Hinterkopf“, so Hagl.
Anja König argumentierte mit Zahlen: Der Zuschuss zur Jugendherberge beträgt gerade Mal 0,08 Prozent des Haushalts. Aber man hat sich nie um die Wirtschaftlichkeit des Betriebs bemüht.
Das Ziel: Die Jugendherberge im Ottonianum beibehalten und den Verkauf der Immobilie verhindern.
Mit einem Vergleich zur Jugendherberge in Bayreuth wartete Manfred Drescher auf. Diese wird integrativ betrieben, was durch hohe Zuschüsse auf die Betriebskosten belohnt wird. Sigi Hagl wertete dies als einen guten Vorschlag für Landshut. Diesbezüglich gab es auch schon Interessenten, wie Montessori, die Diakonie oder die Lebenshilfe. Sie prognostiziert, dass sich für zwölf Millionen Euro für den Kauf des Ottonianums, die Renovierung und einen Anbau auf 150 Betten kein Betreiber finden lassen wird. Hier müsste beispielsweise mit einer günstigen Erbpacht Entgegenkommen seitens der Stadt gezeigt werden. In Nürnberg, so Hagl, müsse das Jugendherbergswerk für die Unterkunft in der Burg keine Miete zahlen.
Eine Lehrerin fasste die Vorteile des Ottonianums zusammen. Die kurzen fußläufigen Wege in die Stadt und hinauf zur Burg etwa, machen Autos unnötig. Den Stadtort nannte sie „Überwältigend“.
„Der Standort ist ideal – ein Traum“, sprach sich Tobias Weger-Behl für das Ottonianum aus, der dort selbst seinen Zivildienst leistete. Er kann es nicht fassen, dass jede Initiative und jedes Finanzierungskonzept von der Verwaltung im Keim erstickt wird. Vom Standort her rangiert Landshut unter den Top fünf Jugendherbergen in Bayern. „Das Ottonianum ist ein Schatz, den dürfen wir nicht hergeben“, so Weger-Behl.
Sigi Hagl pflichtete bei: „Das Ottonianum kann man nicht durch einen Funktionsbau am Stadtrand ersetzen. Und auch dafür gibt es keine Investoren.
Einen anderen finanziellen Vergleich fügte Hedwig Borgmann an: So wie die Jugendherberge keine schwarze Null einfährt, fallen auch bei der Messe jährlich große Verluste an. Doch die Jugendherberge hat etwas mit Wertschätzung zu tun. Das wird von der Mehrheit im Stadtrat leider nicht gesehen.
Für Norbert Hoffmann muss die Stadt schon aus Marketinggründen ein Interesse an der Jugendherberge haben. Seit 1968 übernachten dort zig Tausend Gäste. Dies sei für Landshut ein langfristigerer und nachhaltigerer Werbeeffekt als Fallschirmspringer am Martinsturm.
Überzeugt, dass es auch private Investoren gibt, zeigt sich Sigi Hagl. Im Bürgerbegehren sieht sie das letzte Mittel, den Verkauf des Ottonianums zu verhindern. Seit 2012 kursiert eine Ausverkaufsliste von städtischen Immobilien, auf der das Ottonianum, die Martinsschule oder die Poschingervilla stehen, um Geld in die Stadtkasse spülen sollen.
Das Dreierteam, das den Bürgerentscheid nach vorne treibt: Isabel Kösbauer, Kim Seibert und Fabian Dobmeier (v. l.).
Fakt ist, dass das Ottonianum einen hohen Sanierungsbedarf hat. Alleine der Brandschutz schlägt mit 3,4 Millionen Euro zu Buche. Ohne Anbau auf 150 Betten stehen insgesamt acht Millionen im Raum, mit Anbau 12 Millionen. Ein Betrieb ohne Investitionen wäre bis 2024 möglich, aber OB Putz und die Verwaltung drängen. das Haus zu schließen und auf einen Verkauf. Unverständlich für Sigi Hagl, den im kommenden Jahr steht die Landshuter Hochzeit an.
Rundum positiv läuft es jeden Samstag zwischen 10 und 13 Uhr an den Infoständen in der Altstadt. Die Leute quer durch die Gesellschaft von Jung bis Alt kommen freiwillig, um sich in die Listen einzutragen, so Kim Seibert. Viele Bürger aus dem Landkreis, speziell Ergolding, Altdorf und Kumhausen würden auch gerne unterschreiben, aber für das Bürgerbegehren zählen nur Bürger mit Wohnsitz in Landshut. Insgesamt stellt Kim Seibert fest:“ Die Empörung über die Schließung ist enorm“. Etliche fragen schon, wie sie die Initiative finanziell mit Spenden unterstützen können.
Daher empfiehlt Elke März Granda den Druck auf OB, Verwaltung und die Schrägstrichfraktion mit noch viel mehr Unterschriften zu erhöhen. „Die Masse macht den Druck“. Alles muss dazu führen, dass die Konservativen nichts mehr anders können, als die Jugendherberge zu erhalten, gab sich Gerhard Wick kämpferisch und Sigi Hagl möchte auf jeden Fall das Ottonianum erhalten und nicht verkaufen. Auf keinem Fall darf es zu einer Schließung der Jugendherberge im Dezember kommen, kommentierte Kirstin Sauter die Situation.
Mehr Informationen zu „Rettet die Jugendherberge im Ottonianum“ gibt es auf www.juhela.de.
Das ist dann bald weg: Jugendherberge
In eigener Sache:
"Acht Stadträte der Grünen, SPD, FDP und ÖDP ..."
Es wurde vergessen bei der Aufzählung der vertretenen Stadtratsparteien die FDP zu erwähnen, was im Text nachträglich ergänzt wurde. Wir bitten um Entschuldigung.