Der Neffe von Roider Jackl erzählte aus seiner Instrumentalzeit mit Sternecker
Das Volksmusik-Ensemble Gartlerviergesang Eugenbach (Bild), die Hausmusi Kobler und der Adlkofener Zweigesang umrahmten den Hoagarten im Gasthaus Gstaudach musikalisch
(11.05.2017) Nicht nur im Leben eines einzelnen Menschen gibt es ein Auf und Ab. Auch Musik- und Kunstrichtungen kennen Zyklen, Ereignisse, die über Generationen weitererzählt werden und auch sie haben so etwas Ähnliches wie ein Schicksal:
Von beidem, dem persönlichen Werdegang eines Niederbayern und Volksmusikers und von Höhen und Tiefen, Glanzzeiten und Jahren, in denen das Interesse für die Volksmusik schwand, erzählte der Mundart-Dichter und Volksmusiker Fredl Hohenester bei einem Hoagarten des Volksmusikvereins im Gasthaus Gstaudach (Markt Altdorf). Toni Meier, der Volksmusikpfleger des Landkreises Landshut, moderierte die Veranstaltung.
„Ein Musikant erzählt..“ – unter diesem Motto schilderte Fredl Hohenester (Foto), Jahrgang 1940, ehemaliger Bassist der „Instrumentalgruppe Sternecker“ Erlebnisse und erzählte er Anekdoten aus vielen Jahren als Volksmusikant. Musikalisch wurde der Hoagarten umrahmt von mehreren Gruppen, durch den Eugenbacher Gartlerviergesang, die Hausmusi Kobler und den Adlkofener Zweigesang.
Toni Meier und Fredl Hohenester erinnerten unter anderem an das große Landshuter Preissingen im Jahr 1931, das seinerzeit im Gasthaus Ainmiller der legendäre Kiem Pauli (1882-1960) mitveranstaltet hat, zusammen mit dem Musikwissenschaftler Prof. Kurt Hub (1893-1943, hingerichtet als einer der Widerstandskämpfer der Weißen Rose). Es war das dritte Preissingen, das sie ausgerichtet haben, und das in dem noch ganz jungen Massenmedium Rundfunk übertragen – und damit in eine breite Öffentlichkeit getragen wurde. Prof. Huber und der Kiem Pauli haben ganz wesentlich beigetragen zur Wiederbelebung der Volksmusik in Altbayern – und vor allem haben sie auch dafür gesorgt, dass lange nur mündlich weitergegebene Lieder und Musikstücke aufgezeichnet und dokumentiert wurden.
Darauf konnten auch die vielen Volksmusikgruppen aufbauen, die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich und mit großer Resonanz bayerische Traditionen aufrechthielten, wie die „Instrumentalgruppe Sternecker“, von der Fredl Hohenester erzählte. Hohenester freute ganz besonders darüber, dass auch Wolfgang Sternecker nach Gstaudach gekommen war, der ehemalige Hackbrettspieler der Gruppe.
Hohenester ist in Landshut in der Wolfgangssiedlung aufgewachsen. Seine erste Begegnung mit Volksmusik verdankte er Johann Roider – seinerzeit bekannt als „Schneider Hans“ –, einem Bruder des legendären Roider Jackl aus Weihmichl. Die Roider-Brüder waren Onkel von Fredl Hohenester. Johann Roider spielte Harmonika und Gitarre – und begeisterte seinen Neffen für die Gitarre. Hohenesters Vater bemerkte das Interesse seines Sohnes an Instrumenten und Musik mit Wohlwollen und kaufte ihm ein Akkordeon. Auch mit der Bassgeige habe er sich alsbald vertraut gemacht, erzählte Fredl Hohenester: Er habe sich die Basstasten gemerkt und es so rasch geschafft, zusammen mit anderen Musikanten mit der Bassgeige aufzuspielen.
In der Nachkriegszeit, „in der Zeit des Rock’n’Roll“, geriet die Volksmusik vielerorts in Vergessenheit; auch er habe über Jahre keine Volksmusik gespielt, schilderte Hohenester. Er erlernte den Beruf des Kaminkehrers, aber die Liebe zur Musik ließ ihn niemals los. Auf einem Dachboden entdeckte er einmal eine Gitarre, die jener des Rock’n’Roll-Stars Bill Haley glich, und die er zu seiner großen Freude mit nach Hause nehmen durfte. Er musizierte damals beim Akkordeon-Club Trausnitz und in dessen Mundharmonika-Orchester. Dort sprachen ihn, im Jahr 1962, einmal die Geschwister Sternecker an: Sie bräuchten noch einen Bassspieler für eine Rundfunk-Aufnahme mit den Dellnhauser Musikanten. Er sei sofort mit von der Partie gewesen, erzählte Hohenester. Die Geschwister Sternecker hatten sich bereits seit 1956 einen Namen als Volksmusikgruppe gemacht.
Karl Sternecker spielte Akkordeon, sein Bruder Wolfgang Hackbrett und ihre Schwester Maria Gitarre und später Harfe; sie war seinerzeit eine der ersten Harfenistinnen in Niederbayern. Mit dem Neuzugang Fredl Hohenester erhielt ihre Musik neuen Pfiff und sie spielten nunmehr viele Jahre unter dem Namen „Instrumentalgruppe Sternecker“. Einen herben Verlust erlitt die Gruppe im Jahr 1972 mit dem Wegzug von Maria. 1980 löste sich die Gruppe – Hohenesters Schwager hatte zwischenzeitlich die Lücke geschlossen – endgültig auf. Nur ein einziges Mal, im Jahr 1981 beim Ferdinand Neumeier-Gedächtnissingen, trat die Musikgruppe noch einmal in der ursprünglichen Besetzung auf.
Über die öffentlichen Auftritte ist Fredl Hohenester auch zum Mundart-Dichter avanciert – und das kam so: Bei den Musikantentreffen fiel ihm die Rolle des Ansagers und Conférenciers zu, der verbindende und erläuternde Worte sprach. Amüsantes und Witze waren dabei gefragt, auch kleine, kurzweilige Erzählungen, mit denen er eine Brücke zum nächsten Musikstück schlug. Hohenester wollte nicht den Gaudi-Burschen spielen, sondern als Erzähler und Moderater ernst genommen werden.
Er habe sich dabei stets um möglichst bildhafte Schilderungen und eingängige Worte bemüht, auch um lustige Geschichten – sowie um Texte und Sentenzen, die die Menschen zum Nachdenken bewegen. Daraus und aus vielen eigenen Erlebnissen, aus Geschichten und Anekdoten sind viele Verse, Gedichte und Erzählungen entstanden, die unter anderem drei Bücher füllen, die Hohenester herausgegeben hat. Auch heute noch fasst er, mitunter in schlaflosen Nächten, noch immer Gedanken, Erlebnisse und Geschichten in Verse.