Landshut (07.07.2017) Was sollte ein neues Hallenbad in Landshut bieten? Für wen soll es ausgerichtet sein? Für Schulen und Vereine? Für Familien? Für Gesundheitsorientierte? Oder am besten für alle? Wie groß müsste es dann sein? Das waren zentrale Fragen, die den Teilnehmern des „Optimierungsworkshops Zukunft Hallenbad“ gestellt wurden.
Sie folgten der Einladung durch Oberbürgermeister Alexander Putz und den Stadtwerken in die große Kantine der Stadtwerke-Zentrale, um gemeinsam über ein angemessenes Raumkonzept und die Dimensionierung eines potenziellen Hallenbad-Neubaus nachzudenken.
Moderiert und fachlich begleitet wurde die Veranstaltung von zwei Experten, Dr. Christian Kuhn, Geschäftsführer des Planungsbüros Krieger Architekten/Ingenieure und zugleich Geschäftsführer der Deutschen Sportstättenbetriebs-und Planungsgesellschaft (DSBG) mit Sitz in Herne, sowie seiner Mitarbeiterin Marie Gudorf. Die Spezialisten haben eine Datenbank mit rund 4.500 Bädern aufgebaut und besitzen einen großen Erfahrungsschatz, was Neubauten und Sanierungen derartiger Freizeitanlagen betrifft.
In rund dreieinhalb Stunden erarbeiteten sie mit den Teilnehmern ein Raumkonzept, das die Bereiche Sport, Schulen, Familie, Freizeit, Gesundheit und Sauna in verschiedenen Ausprägungen berücksichtigt (siehe Grafik „Zusammenfassung“). Die Ergebnisse aus der Arbeitsrunde fließen nun in die weitere Detailplanung ein und dienen als Grundlage für eine folgende Machbarkeitsstudie, eine Grobkostenkalkulation und Wirtschaftlichkeitsprognose. Diese werden dem Stadtrat voraussichtlich im Herbst 2017 als Entscheidungsgrundlage vorgelegt.
Das Publikum bestand aus rund 40 Teilnehmern. Geladen waren um die 100 - alle Stadträte sowie Vertreter von Vereinen, Schulen, Institutionen und Organisatoren, die Berührungspunkte zum Schwimmen haben oder mittelfristig haben könnten. Es sollte einem möglichst breiten Kreis die Möglichkeit gegeben werden, sich bei der Bedarfsermittlung für ein neues Hallenbad miteinzubringen.
Entstanden war die Idee des Workshops im Zuge der vorangegangenen Diskussionen über einen möglichen Hallenbadneubau im Stadtrat. Anfang des Jahres 2016 untersuchten die Stadtwerke verschiedene Möglichkeiten, was mittel- bis langfristig mit dem Hallenbad in Landshut geschehen könnte. Angestoßen wurde dies durch einen Stadtratsantrag.
Ein Aspekt der Betrachtungen war und ist eine Generalsanierung des Bestands mit einer trotzdem begrenzten Restlaufzeit, eine weitere Perspektive ist ein Neubau einer moderneren Anlage. Wegen der aktuell günstigen Zinssituation und energieeffizienteren Technik und Bauweise kann ein neues Hallenbad durchaus wirtschaftlich sein. Das hängt allerdings von Anzahl der Becken und Attraktionen ab. „Je mehr Attraktivitätselemente in einem Bad sind, desto höher sind dessen Energiekosten“, sagte Kuhn. Und gab zu bedenken: „Beim Lebenszyklus eines Hallenbades machen ein Viertel der Kosten die Investitionen für den Bau aus, drei Viertel die jährlichen Betriebskosten.“
Wie sind nun also die tatsächlichen Anforderungen für ein neues Hallenbad anderswo und in Landshut? Um diese Frage zu beantworten, brachten die DSBG-Experten das Auditorium ihm Rahmen eines Vortrags auf den gleichen Wissensstand hinsichtlich des Einzugsgebiets von potenziellen Badegästen sowie des Angebots der Wettbewerber des Stadtbads, des demografischen Wandels und des Zuwachses in Landshut.
Während andere Regionen in Deutschland im kommenden Jahrzehnt schrumpfen, soll Landshut bis 2035 um 14 Prozent zulegen. Also folgerte Kuhn: „Landshut wird 2035 mehr Wasserfläche brauchen als heute.“ Es werde sowohl mehr Kinder geben, die mehr Schulschwimmunterricht benötigen, als auch mehr Senioren, für die der Gesundheitsaspekt bei einem Badbesuch deutlich im Vordergrund stehe. „Schwimmen zählt zu den am häufigsten ausgeführten individual Sportarten – das wird auch unter Berücksichtigung des demografischen Wandels so sein“, versicherte dazu Gudorf. Schwimmen sei schließlich bis ins sehr hohe Alter möglich.
Für den Neubau eines Hallenbades sei die zentrale Frage: „Für wen soll es gebaut werden?“, fragte Kuhn. Sei für Landshut ein Sport- oder Vereinsbad optimal oder ein Bad mit öffentlichem Mehrwert, das Familien genauso wie Gesundheits- und Wellnessgäste berücksichtigt? Die verschiedenen Nutzergruppen eines Hallenbades definierte Kuhn so: Es gebe Sportschwimmer, Familien, Schul- und Vereinsschwimmer, den Gesundheits- sowie den Wellness- und Saunagast, den Freizeitgast, ältere Menschen, Kinder und Jugendliche.
Mit dem Wissen des kleinen Intensivseminars in Sachen Bäderkunde schickte der DSBG-Geschäftsführer die Teilnehmer schließlich in die Workshop-Runden. Zunächst fragte er über Karteikarten ab, was die Teilnehmer unter Berücksichtigung der vorgestellten Aspekte in einem neuen Hallenbad als notwendig erachten, und pinnte diese an Stehtafeln. Im zweiten Schritt durfte die Wunschliste dann jeder Teilnehmer mit vier Klebepunkten priorisieren. Im dritten Schritt erfolgte eine zusätzliche Gewichtung hinsichtlich betrieblicher Aspekte (siehe Grafik „Gewichtung“).
Das erarbeitete Ergebnis (siehe Grafik „Zusammenfassung“) zeigt, dass in Landshut die Schwimmmöglichkeiten für Schulen, Vereine und insbesondere für den öffentlichen Badegast auch in Zukunft mit mindestens einem 25-Meter-Becken oder optional mit einem 50-Meter-Becken (Herrenbecken) erhalten werden soll. Beim Lehrschwimmangebot hatten die Ausstattungsmerkmale Hubboden und Wassergewöhnungstreppe oberste Priorität. Und, wenn möglich, sollte ein Leerschwimmbecken räumlich abgetrennt sein. Für die Zielgruppe der Familien wurde ein Planschbecken bzw. Kinderbecken höher als ein Spaßbereich und die Integration einer Rutsche bewertet. Für den Außenbereich kristallisierte sich der Wunsch eines Warmwasserbeckens mit Sole heraus. Ebenso fanden bei den Teilnehmern ein Gesundheitsbecken mit Massagedüsen, Sprungtürme sowie eine dem Bedarf angemessene Sauna- und Wellnesslandschaft Anklang.
Der Moderator war am Ende der Arbeitsrunden zufrieden. „Für mich hat sich ein sehr klares Bild herauskristallisiert.“, resümierte Kuhn. Das bestätigte ihm auch Oberbürgermeister Putz: „Die Ergebnisse sind ein Ansatz, wie es weitergehen kann.“ Mit den Ergebnissen können die Stadtwerke nun mit dem Planer konkreter konzipieren, die Erlössituation und die Wirtschaftlichkeit betrachten, sagte Armin Bardelle. Voraussichtlich im Herbst soll das Thema „Zukunft Hallenbad“ dann erneut auf die Agenda des Stadtrats kommen.
Kapazitäten für Schüler derzeit ausreichend - Realer und theoretischer Bedarf driften auseinander
Im Zuge der ersten Untersuchungen zu einem möglichen Hallenbad-Neubau seitens der Stadtwerke prognostizierten einige Protagonisten nach der ersten Vorstellung einen erheblichen Mehrbedarf, allen voran beim Schulschwimmen. Dieser angekündigte, theoretisch errechnete Bedarf wurde demensprechend in weiteren Betrachtungsvarianten berücksichtigt. Jedoch erschien dieser den Fachleuten dann aber etwas zu überdimensioniert. Die vielen Wasserflächen verhießen auch bei den laufenden Betriebskosten nichts Gutes.
Beim Schulschwimmen ist auch die derzeitige Situation nicht so brisant, wie es zunächst schien. „Wir wurden von der Realität ernüchtert“, sagte Werkleiter Armin Bardelle, der für die Anwesenden die bisherigen Schritte der Untersuchungen kurz Revue passieren ließ. Wegen der vorübergehenden Stilllegung des Lehrschwimmbeckens in der Grundschule St. Wolfgang stellten die Stadtwerke im Hallenbad weitere Kapazitäten fürs Schulschwimmen zur Verfügung, die dann allerdings nicht abgerufen wurden. Auch die zusätzlich bereitgestellten Kapazitäten für das Lehrangebot des Schwimmclubs nutzte dieser nur teilweise. „Die Schulschwimmkapazitäten im Hallenbad und Ergomar sind aktuell ausreichend“, fasste Oberbürgermeister Alexander Putz zusammen. Der Bedarf fürs Schulschwimmen für das Schuljahr 2017/18 sei heuer frühzeitig abgefragt worden, Kapazitätsprobleme gebe es nach wie vor nicht. „Aktuell sind keine Ad-hoc-Maßnahmen oder das Schaffen von Provisorien notwendig“, sagte Putz.
Eine Lehrerin unter den Workshop-Teilnehmern bestätigte dies. Die im Lehrplan geforderten Übungseinheiten könnten gar nicht alle unterrichtet werden, weil nicht genügend Lehrer vorhanden seien, die eine entsprechende Zusatzqualifikation für den Schwimmunterricht hätten.