Abends und speziell an den Wochenenden strömten 1.000e Besucher auf die Ringelstecherwiese zum Christkindlmarkt. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (19.01.2023) Selten wurde in Landshut eine Standortfrage so intensiv diskutiert, wie die des Christkindlmarkts. In fünf Tagen behandelt der Dultsenat das Thema und wird entscheiden, ob der Markt auf der Ringelstecherewiese bleibt oder zurück in die Freyung zieht. Das Marktamt hat dazu eine umfangreiche Stellungsname erstellt, die das Pro und Contra beleuchtet. Hier eine Zusammenstellung der wichtigsten Argumente:
Dass der Christkindlmarkt heuer erstmalig auf der Ringelstecherwiese stattfand, war der Unsicherheit bezüglich möglicher Coronamaßnahmen geschuldet. Daher entschied sich der Dultsenat Mitte März 2022 für den Platz zwischen Wittstraße und Isar, der mit seinen 11.000 m² Fläche deutlich mehr Platz bietet als die Freyung mit 4.000 m². Was dann passierte, konnte niemand ahnen. Der Platz wurde regelrecht von den Besuchern gestürmt, es wurden so viele Besucher wie noch nie gezählt.
Adventsstimmung mit Burgblick.
Die Stadt überließ den Besuchern das Wort und richtete eine Online-Umfrage ein. 15.466 Stimmen wurden abgegeben, 9.139 Teilnehmer entschieden sich für die Ringelstecherwiese und 6.327 für den Vorplatz von St. Jodok. In Prozent ausgedrückt bedeutet das 59 zu 41. Eine Umfrage bei den Beschickern des Marktes ergab, 35 wollen auf der Ringelstecherwiese bleiben, einer möchte zurück in die Freyung.
Stellungnahme der Polizei:
Aus polizeilicher Sicht besteht keine dringende Notwendigkeit für die Verlagerung des Standortes des Christkindlmarktes auf die Ringelstecherwiese. Jedoch bringt der Standort Ringelstecherwiese Vorteile – insbesondere bei Spitzenzeiten in Bezug auf den Besucherandrang und der größeren Aktionsflächen bei möglichen großen Schadensereignissen.“
Stellungnahme des Straßenverkehrsamt:
Beim Straßenverkehrsamt gingen häufig Beschwerden von Anwohnern ein, dass auch die Bewohnerparkzonen durch Besucher des Christkindlmarktes verparkt wurden. Zudem fallen beim Standort Freyung für mehrere Wochen, die im Innenstadtbereich sehr rar gewordenen kostenfreien Parkflächen weg. Da sich die Kühl- und Vorratsfahrzeuge der Beschicker in den letzten Jahren teils vergrößert haben, wird es immer schwieriger, die erforderlichen Durchgangsbreiten für Rettungsfahrzeuge in der Freyung zu gewährleisten.
Stellungnahme Zivil- und Katastrophenschutz:
Der Zivil- und Katastrophenschutz spricht sich ausdrücklich für den Standort auf der Ringelstecherwiese aus. Die Gründe hierfür: Keine unmittelbare Brandausweitung auf Wohngebäude, Besucher leichter zu Entfluchten, Reduzierung der Gefahr einer Panik wegen der Weitläufigkeit des Geländes, Aufstellungsflächen für Rettungsdienst überall um das Gelände möglich und der Zugriff ist für die Feuerwehr auf dem Veranstaltungsgelände bestens möglich.
Stellungnahme Freiwillige Feuerwehr:
Der Standort Ringelstecherwiese hat unter Gesichtspunkten des abwehrenden Brandschutzes klare Vorteile gegenüber der Freyung. Trotz der verkehrsrechtlichen Anordnungen kam es in der Vergangenheit vor, dass die Feuerwehr aufgrund der prekären Parksituation die Freyung während des Christkindlmarktes nicht durchfahren konnte. Ebenso kann aufgrund der sehr beengten Platzverhältnisse während des Marktbetriebes in der Freyung eine Drehleiter nur sehr beschränkt eingesetzt werden.
Stellungnahme Amt für Umwelt-, Klima- und Naturschutz:
Seitens des Immissionsschutzes wird der Standort auf der Ringelstecherwiese favorisiert. Beim Standort an der Freyung fällt negativ ins Gewicht, dass die umliegende Bebauung einen „Kessel“ um den Veranstaltungsort bildet. Es kommt daher zu Mehrfachreflektionen des Schalls. Schallquellen werden daher verstärkt und wirken sich negativ aus.
Stellungnahme Fachbereich Naturschutz:
Der Baumbestand auf der Ringelstecherwiese ist gegenüber dem Baumbestand in der Freyung als deutlich schutzwürdiger einzustufen. Auf der Ringelstecherwiese sind auch Bäume als Naturdenkmäler eingetragen. Die Häufung der Veranstaltungen auf der Ringelstecherwiese und das Befahren der Wiese mit Lieferfahrzeugen führt zu Bodenverdichtungen, die schädlich für den Baumbestand sind. Grundsätzlich spricht sich der Fachbereich Naturschutz für die Freyung aus.
Stellungnahme der Bauamtlichen Betriebe:
Die Bauamtlichen Betriebe begrüßen eine dauerhafte Verlegung des Christkindlmarktes zur Ringelstecherwiese aufgrund folgender Argumente: Mehr Arbeitssicherheit für die Mitarbeiter, Aufbau muss nicht durch die Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal in der Freyung unterbrochen werden, im Winterdienst können in der Freyung im Bereich der Hausnummern 607 bis 615 aufgrund der beengten Verhältnisse, keine Großfahrzeuge eingesetzt werden und die Mitarbeiter müssten den Teilabbau des Christkindlmarktes nicht mehr am dienstfreien 24.Dezember erbringen.
Stellungnahme Stadtgartenamt:
Für das Aufbringen und den Abtransport der Hackschnitzel auf der Ringelstecherwiese sind Kosten von knapp 9.000 €uro angefallen. Für die Fläche bedeutet ein jährlicher Christkindlmarkt eine hohe Belastung. Auch durch Auf- und Abbauarbeiten sind Schäden an der Grasnarbe zu erwarten. Da über den Sommer eine zunehmende Anzahl von Veranstaltungen stattfindet, ist zu bezweifeln, dass der Rasen auf Dauer in einem akzeptablen Zustand erhalten werden kann.
Stellungnahme Elektro Schramm:
In der Freyung ist die vorhandene Infrastruktur bis zum Anschlag ausgereizt. Eine Erweiterung des Christkindlmarkts in der Freyung um weitere energieintensivere Geschäfte ist daher unmöglich. Der Veranstaltungsort auf der Ringelstecherwiese bietet aufgrund des vorhandenen Grundgerüsts an Infrastruktur für die Elektrizitätsversorgung grundsätzlich erhebliches Erweitungspotenzial.
Stellungnahme Elektrotherm:
Elektrotherm spricht sich für den Standort Ringelstecherwiese aus. Hauptsächlicher Grund ist, dass das Trinkwasserversorgungsnetz auf dem Platz in der Freyung nicht mehr den derzeitigen Standards entspricht und die Anzahl der Anschlussstellen für die Schausteller nur mäßig ausgebaut ist. Auf der Ringelstecherwiese ist die Infrastruktur neu und dadurch auch bezüglich Schaustellerbeschickung und Trinkwasserhygiene besser zu handhaben.
Stellungnahme Behindertenbeirat:
Folgende Gründe sprechen für die Nutzung des Standorts: Gute Erreichbarkeit mit dem ÖPNV, gute ebenerdige Parkmöglichkeiten und das behindertengerechtes WC. Es wird allerdings nach Erfahrungsberichten gefordert, die Aufbringung der Hackschnitzeln zu überdenken, da Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator, bzw. Geheinschränkungen hier Probleme haben. Auch Kinderwägen kommen hier scheinbar nicht gut vorwärts.
Stellungnahme der Marktkaufleute:
Durch den neuen Standort Ringelstecherwiese konnten die Beschicker des Christkindlmarktes eine deutliche Umsatzsteigerung zum Teil zwischen 30 bis 50 Prozent erzielen. In der Freyung war an Wochentagen eine geringe Besucherfrequenz zu verzeichnen. An den Wochenenden war der Platz total überfüllt und die Besucher wurden an den Ständen regelrecht ,,vorbeigeschoben. Dadurch konnte an den Kunsthandwerkerständen die angebotenen Waren nicht betrachtet und letztendlich gekauft werden. Alle Beschicker, die auf dem Landshuter Christkindlmarkt 2022 auf der Ringelstecherwiese teilnahmen, möchten auch 2023 wieder teilnehmen, wenn der Christkindlmarkt auf der Ringelstecherwiese abgehalten wird.
Das Riesenrad bildet einen leuchtenden Stern im nächtlichen Christkindlmarkt.
Eine Umfrage der Beschicker ergab, dass der Christkindlmarkt künftig auf der Ringelstecherwiese stattfinden soll. Es haben sich ca. 86 Prozent für die Ringelstecher-wiese und nur 14 Prozent für die Freyung entschieden.
Vorteile die für den künftigen Standort Ringelstecherwiese sprechen:
- Perfekter Auf- und Abbau für Beschicker und den städtischen Bauhof ohne Verkehrsbehinderungen.
- Optimale Lage zur Verbindung Altstadt über den Ländtorplatz.
- Parkmöglichkeiten für Busse, Besucher und Beschicker direkt nebenan auf der Grieserwiese.
- Ausreichender Platz für Kühl und Warewagen.
- Breitere Geh- und Laufwege für die Besucher, vor allem für Familien mit Kinderwägen, Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer.
- Das Gelände ist barrierefrei und behindertengerecht (keine Bordsteinkanten bei den Ein- und Ausgängen wie in der Freyung).
- Es sind genügend Toilettenanlagen, eine Behindertentoilette sowie ein Kinderwickelraum im ,,Dultwachgebäude“ vorhanden. Dadurch verursachen diese keine zusätzliche Kosten. Da der
- Standort Freyung nicht barrierefrei ist und auch kein Platz zum Aufstellen einer Behindertentoilette sowie eines Kinderwickelraumes zur Verfügung steht, würde man künftig diese
- Personengruppe vom Besuch des Landshuter Christkindlmarktes ausschließen.
- Keine Lärmbelästigung für Anwohner.
- Neue Infrastruktur (Strom/Wasser/Abwasser), die Infrastruktur in der Freyung ist zum Teil veraltet und am Limit.
- Der Standort ist optisch sehr ansprechend, mit Blick auf die Burg Trausnitz, die Martinskirche und die vorbeifließende Isar.
- Der Christkindlmarkt ist für alle Besucher, die von weiter weg kommen, leicht zu finden.
- Durch den Standort Ringelstecherwiese könnte man die Stadt Landshut zur Weihnachtstadt machen. Durch das Amt für Marketing & Tourismus könnte man Busunternehmer aus ganz Bayern und drüber hinaus anschreiben und zu einem Besuch in die Weihnachtsstadt Landshut einladen. Für Reisebusse sind auf der Grieserwiese genügend Parkplätze vorhanden.
- Die Touristen können durch den Christkindlmarkt schlendern und anschließend Weihnachtsshopping in der Innenstadt sowie an Stadtführungen teilnehmen und die örtliche Gastro besuchen. Das wäre eine Bereicherung für den Einzelhandel, für die Gastronomie, für die Beschicker des Christkindlmarktes sowie eine Riesenwerbung für die Stadt Landshut. Durch den Standort Ringelstecherwiese kann man den Landshuter Christkindlmarkt nicht nur zu einen der schönsten Bayerns machen, sondern zum schönsten von Bayern.
Stellungnahme Amt für Wirtschaft, Marketing und Tourismus:
Von Seiten Einzelhandel und Gastronomie fällt das Urteil bezüglich der Frequenz-Auswirkungen geteilt aus. Positive Rückmeldungen stammen aus dem nahen Umfeld der Ringelstecherwiese, beispielsweise von Galeria und Oberpaur. Aus Einzelhandel und Gastronomie in der Altstadt, der Neustadt und am Regierungsplatz gab es allerdings Rückmeldungen über eine spürbar gesunkene Besucherfrequenz. Die 2022 von der Stadt Landshut ergriffenen Maßnahmen, eine Wanderungsbewegung in die Innenstadt herbeizuführen (Programm Adventsstadt Landshut, Bockerlbahn, XXL-Christbaumkugel und Adventskalender am Rathaus) müssten intensiviert bzw. modifiziert werden. Insbesondere die äußerst beliebte XXL-Christbaumkugel sollte daher unbedingt wieder in der Innenstadt aufgebaut werden.
Durch den Standort Ringelstecherwiese kann man den Landshuter Christkindlmarkt nicht nur zu einen der schönsten Bayerns, sondern zum schönsten von Bayern machen, so die Marktkaufleute.
Aus Sicht der Wirtschaftsförderung gibt zwei zentrale Aufgabenstellungen: Eine verstärkte überregionale Vermarktung des Christkindlmarkts auf der Ringelstecherwiese, um die Gesamtzahl der BesucherInnen für die Adventsstadt Landshut zu erhöhen und die Schaffung eines attraktiven Marktangebots in der Innenstadt mit zusätzlichen Attraktionen, um eine Wanderungsbewegung von der Ringelstecherwiese in der Innenstadt zu erreichen.
Um die Wechselwirkung zwischen der Ringelstecherweise und der historischen Innenstadt zu erhöhen, empfiehlt sich eine Aufgabe des Standorts Ländtor. Es könnte ein zweites Marktgeschehen in der Innenstadt mit einem Kontrastangebot zur Ringelstecherwiese entstehen. Hierbei sind neben der Freyung weitere Standorte zu prüfen.
Stellungnahme der I.L.I. (Interessensgemeinschaft Landshut Innenstadt):
Christkindlmarkt auf der Ringelstecherwiese ist mit dem Erfolg eingeführt und sollte daher weiterhin dort stattfinden dürfen. Als Ausgleich für den Frequenzabfall in der Altstadt müssten folgenden Maßnahmen getroffen werden:
- Historischer Christkindlmarkt als Gegenpol sollte in der Altstadt (Höhe Rathaus bis zur Residenz) stattfinden. Die Weihnachtsbuden der Gastronomen in der jetzi- gen Form sollten beibehalten werden.
- Ein weiterer Standort wäre rund um die Martinskirche mit Einbeziehung der dort ansässigen Gastronomen plus Christbaumkugel in der Nähe der Martinskirche.
- Dafür keine Buden am Ländtorplatz – stattdessen evtl. ein Weihnachtsbaum und Beleuchtung des Ländtors.
- Der Krippenweg muss wieder in Zusammenarbeit mit dem Pfarrgemeinderat von St. Martin veranstaltet werden.
- Gesangsaufführungen/Musikaufführungen im Hauptportal von St. Martin in
- Zusammenarbeit mit dem Pfarrgemeinderat von St. Martin – evtl. würde die Kirche auch die Haupttüre dafür öffnen, um die Kirche in den Christkindlmarkt einzubeziehen.
- Krippenausstellung in der Hl. Geist Kirche mit Unterstützung der Museen der Stadt Landshut.
- Kein Christkindlmarkt in der Freyung. Ein Christkindlmarkt würde dort als Gegenpol nicht funktionieren.
- Historisches Kinderkarussell in der Altstadt
- Der Weg zum Christkindlmarkt in der Altstadt gibt mehr her und sollte erhellt werden
- Unbedingt Beleuchtung in der Theaterstraße.
- Frühere Einschaltung der Weihnachtsbeleuchtung um 15 Uhr
- Vor allem Weihnachtsbeleuchtung in der Theaterstraße und auf den Weg zum Christkindlmarkt in der Altstadt.
Stellungnahme Stadtkasse:
Die Einnahmen aus den Parkscheinautomaten auf der Grieserwiese haben sich im Dezember 2022 im Vergleich zu 2021 um ca. 20 Prozent erhöht. Dies ist sicherlich auch der erhöhten Parkraumauslastung wegen des Christkindlmarktes auf der Ringelstecherwiese geschuldet. In der Folge wird wegen der Mehreinnahmen der Standort Ringelstecherwiese präferiert.
Am 24. Januar berät der Dultsenat ebenso, ob es einen zweiten Markt zur Weihnachtszeit in der Freyung geben könnte. Das Marktamt macht dies nur Sinn, nur dann Sinn, wenn dort ein Kontrast bekannten Landshuter Christkindlmarkt geboten wird, mit einem (kunst-)handwerkliche Angebot. das eine deutliche Differenzierung zum Christkindlmarkt setzt.
Folgende Beschlüsse werden vorgeschlagen:
Der Senat für Messen, Märkte und Dulten beauftragt die Verwaltung zu prüfen, ob die Durchführung eines zweiten weihnachtlichen Marktes, welcher einen Kontrast bzw. ein sinnvoll ergänzendes Angebot zum Christkindlmarkt bieten soll, in der Adventszeit grundsätzlich möglich ist und hierüber in einer der nächsten Sitzungen zu berichten, damit ggf. eine entsprechende Ausschreibung durch die Stadt Landshut erfolgen kann.
Der Senat für Messen, Märkte und Dulten beschließt, den Standort des Landshuter Christkindlmarktes vom Vorplatz von St. Jodok (Stadtteil Freyung) dauerhaft auf den Bereich der Ringelstecherwiese zu verlegen.