(1.11.2016) Ein Kind zu bekommen, ist etwas Phantastisches: Kinder verändern aber auch den Alltag, sie beeinflussen die Lebensplanung grundlegend. Ein Kind stellt besonders Mütter und Väter vor viele Fragen, die jeden Euro umdrehen müssen und zum Beispiel am Wohnungsmarkt nicht zu den „ersten Adressen“ gehören.
Gerade in Deutschland, das materiell zu den reichsten und zugleich zu den kinderärmsten Ländern der Welt zählt. Solche Lebenslagen bringen Unsicherheiten mit sich, werfen Befürchtungen auf, schaffen handfeste Probleme. Die Schwangerenberatung am Landratsamt Landshut hilft Menschen in der Region seit 40 Jahren, auf schwierigen Etappen ihres Lebensweges Schritt zu fassen und Unterstützung zu erhalten.
Die Ratsuchenden können dabei wählen, ob sie den direkten Kontakt zu einem Berater suchen oder lieber per Mail Fragen stellen – „geholfen wird ihnen auf jeden Fall“, sagt Elfriede Gürtler, Sozialpädagogin aus dem Vierer-Team der Schwangerenberatung des Gesundheitsamts Landshut, einer Abteilung des hiesigen Landratsamts. Und das seit nunmehr genau
vier Jahrzehnten – seit 1976: In diesem Jahr hat der Freistaat Bayern die Schwangerenberatung an den Gesundheitsämtern eingeführt.
In den Anfangsjahren, so erinnert sich Elfriede Gürtler, war für jeden Tag der Arbeitswoche eine andere Sozialpädagogin für die Schwangerenberatung zuständig. Heute umfasst das Team am Landratsamt Landshut zwei Beraterinnen und zwei Berater, die sich der vielfältigen Probleme ihrer Ratsuchenden annehmen. So mancher männliche Besucher ist dabei froh, wenn er mit seinem Anliegen auf einen Mann trifft.
Ganz nah am Puls der Zeit
In der Beratung ist man immer nah am Puls der Zeit, erläutert die Sozialpädagogin Doris Wiesböck: „Wir sind Ansprechpartner für vielfältige Probleme: Wohnungsnot, Paar-Probleme, Begleitung bei Behinderung des Kindes, eigentlich für alle Themen, die sich rund um Schwangerschaft und Geburt ergeben können.“
Allein seit dem Jahr 2000 suchten über 15000 Frauen und Männer persönlich die Beratungsstelle am Landratsamt auf. Hinzu kommen viele Personen, die sich per E-Mail, Telefon oder über die Online-Beratung mit dem Beratungsteam in Verbindung gesetzt haben. Gut zwei Millionen Euro an finanziellen Hilfen wurden in diesen 16 Jahren an bedürftige Schwangere und junge Familien vermittelt. Diese Hilfen stammen aus Mitteln der „Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind“ und aus einigen kleineren Spendentöpfen.
Seit der Gründung haben sich Aufgabenfelder und Angebote der Beratungsstelle verändert und weiterentwickelt, sie tragen damit teils auch dem medizinischen Fortschritt und den gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre Rechnung. Pränatal-Diagnostik, Prä-Implantations-Diagnostik und unerfüllter Kinderwunsch, der frühere
Wiedereinstieg der Mütter in den Beruf etc. gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Pflicht zur Verschwiegenheit
Zunächst lagen die Schwerpunkte auf der Unterstützung finanziell schwacher Frauen und Familien bis zum dritten Lebensjahr des Kindes und der Schwangerschafts Konfliktberatung. In den 1990er Jahren kamen sexualpädagogische Veranstaltungen in Schulklassen hinzu, dann die Beratung vor, während und nach pränatal-diagnostischen Untersuchungen und 2014 die Beratung und Begleitung bei vertraulicher Geburt.
Vor dem Hintergrund des Lebensrechtes des Kindes werden Frauen und Paare, deren Welt momentan Kopf zu stehen scheint, in der Schwangerschafts-Konfliktberatung auf ihrem Weg zu einer Entscheidung ein Stück begleitet; sie werden ermutigt, einen Schritt zurück zu treten und das Gemenge an durchkreuzten Lebensplänen, Wünschen und Gefühlen wie Schmerz, Enttäuschung und Wut aus ein bisschen Distanz anzuschauen.
Aber auch wenn die Entscheidung bereits getroffen worden ist, werden die Menschen eine annehmende Atmosphäre finden mit Platz für ihre persönlichen Einstellungen und Weltanschauungen. Die Entscheidung, die sie letztendlich treffen, sollte mit dem Innersten konform gehen. In diesem Zusammenhang ist es den Team-Mitgliedern der Schwangerenberatung sehr wichtig, auf einen Grundpfeiler ihrer Arbeit hinzuweisen: die Verschwiegenheit. Komplexe Regelungen
Seit einiger Zeit liegt ein Hauptaugenmerk ihrer Arbeit auf Anfragen zu den immer komplexer werdenden Regelungen bei kindbezogenen Leistungen wie Elterngeld, ElterngeldPlus, Kindergeld, Mutterschaftsgeld oder bayerisches Betreuungsgeld: Bei Fragen zur Einteilung der Elternzeit oder zum Beispiel auch, wenn während einer Elternzeit ein weiteres Kind geboren wird, wächst der Beratungsbedarf zusehends.
„Die Abstimmung der Leistungen untereinander ist oft schwierig. Wie manche Klienten rückgemeldet haben, konnten sich diese nach der Beratung für eine optimale Lösung entscheiden, was oft nicht unerhebliche finanzielle Vorteile gebracht hat“, schildert der Sozialpädagoge Klaus Lorenz. Seit heuer kann die Beratungsstelle Gelder aus dem Verhütungsmittelfonds der Stadt Landshut vermitteln, nennt er ein weiteres Beispiel für eine Hilfemaßnahme.
„Bei uns gibt es kurze Wege“, betonen Klaus Lorenz und sein Kollege Reinhold Bieramperl. Sie und ihre beiden Kolleginnen Gürtler und Wiesböck legen auch unisono dar, dass gerade die Einbindung ins Landratsamt dabei große Vorteile bringt: „Es sind Mediziner und Juristen im Haus, die bei Bedarf hinzugezogen werden können.“ Beraten ohne Zeitdruck
Besucher, die mit dem eigenen Auto kommen, finden gegen eine geringe Parkgebühr ausreichend Parkplätze direkt am Landratsamt. Dies ermöglicht eine entspannte Beratungsatmosphäre, ohne ständig auf die Uhr schauen oder die Parkuhr nachdrehen zu müssen, freut sich Reinhold Bieramperl.
Seit einigen Jahren gibt die Beratungsstelle jeweils im Frühjahr und Herbst eine Übersicht über die Babykleider-Basare heraus, die in der Region abgehalten werden, und verteilt sie zum Beispiel über Kinderärzte, Kindergärten, Elternschulen, oder Mütterzentren an Interessierte. Die Basar-Listen sind auch über die Internet-Seite schwanger-in- landshut.de zum Herunterladen verfügbar.
Zunehmender Beliebtheit erfreut sich der Fundus an Baby- und Kleinkinder-Artikeln, aus dem sich Klienten etwas aussuchen können: „Viele, die sich hier schon einmal bedienen konnten, bringen Kleidung, aus der ihr Kind herausgewachsen ist, zu uns und nehmen sich in einer anderen Größe wieder etwas mit. So ist mittlerweile ein schöner Kreislauf entstanden“, berichten die Sozialpädagoginnen Elfriede Gürtler und Doris Wiesböck.
Eine Aufstockung erfährt das Kleiderlager dankenswerterweise zweimal im Jahr durch den Altdorfer Baby-Basar, veranstaltet vom Katholischen Frauenbund Altdorf. Mit Geldspenden wird die Arbeit vom Team des Kinderkleider-Basars der Pfarrei Ergolding unterstützt.
Viele Informationen finden Interessierte unter der neu überarbeiteten Internet-Seite der Beratungsstelle: www.schwanger-in- landshut.de.
Im Bild oben: Das Team der Beratungsstelle für Schwangere, vier Sozialpädagogen, von links Reinhold Bieramperl, Doris Wiesböck, Elfriede Gürtler und Klaus Lorenz,.