pm (25.03.2021) Die IG Metall kündigt eine weitere Warnstreikwelle in der Region an. Am Freitag sind nach Angaben der Metallgewerkschaft in zwölf Unternehmen rund 6.500 Beschäftigte zum Warnstreik aufgerufen. Dabei werden die beiden Bevollmächtigten Robert Grashei und Rudi Gallenberger ihre Mitglieder zu „Früh-Schluss-Aktionen“ aufrufen. Damit soll die Produktion nahezu gleichzeitig an 22 Standorten zum Stillstand kommen. Robert Grashei (Foto re.) der auch Mitglied der Verhandlungskommission seiner Gewerkschaft ist, begründet den Streik:
„Jetzt sind vier Wochen vergangen in denen sich am Verhandlungstisch nichts bewegt hat. Die Beschäftigten sind es leid zu hören, dass es wegen der Corona-Krise nichts zu verteilen gibt. Während Unternehmen wieder über erfolgreiche Quartale und Bilanzen berichten, sollen die Mitarbeiter mit einer Null-Runde zufrieden sein. So geht Tarifpolitik nicht!“ In Bayern haben die Arbeitgeber am 15. Februar ihr Angebot für die 840.000 Beschäftigten vorgelegt. Unverändert wurde es in der vierten Verhandlungsrunde am 26. Februar wiederholt. Der Branchenverband „VBM“ will eine Null-Runde für das laufende Jahr und stellt eine Einmalzahlung für die ersten sechs Monate im nächsten Jahr in Aussicht. Ab Juli 2022 könnten dann die Tarifeinkommen erhöht werden. Konkrete Zahlen wurden bisher für beide Zeiträume nicht genannt. Nach wie vor wollen die Arbeitgeber auch eine differenzierte Umsetzung des Tarifergebnisses und den Zugriff auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Hier sieht Metaller Grashei keinen Kompromiss: „Wir sagen Hände weg von bestehenden Tarifrechten!
Die Sonderzahlungen sind fixer Teil des Jahreseinkommens. Darauf zählen die Menschen. Wir wollen ein Ergebnis für Arbeitsplätze, starke Einkommen und eine gemeinsame Zukunft. Wenn die Arbeitgeber eine Lösung wollen, dann müssen sie jetzt ein neues Angebot vorlegen.“ Bisher gab es noch keine Annäherung bei den Verhandlungen. Bei ihrer Forderung nach einem Volumen von vier Prozent erklärt sich die IG Metall flexibel. In Betrieben mit geringer Auslastung könnte die Arbeitszeit verkürzt werden, um die Fachkräfte für Zeiten des Aufschwungs im Unternehmen zu halten. Außerdem befindet sich die Branche in einem großen Umbruch. Technologischer Wandel und Klimaschutz werden Produkte und Arbeitsplätze verändern. Hier will die Gewerkschaft mit Zukunftstarifen Beschäftigung und Einkommen mitgestalten. Die Folgen der Corona-Pandemie haben den privaten Konsum stark eingeschränkt. Zudem wird in diesem Jahr eine Preissteigerung von 1,9 Prozent erwartet. Dem entgegen soll die Stärkung der Kaufkraft als Stütze der Konjunktur wirken. IG Metall Bevollmächtigter Gallenberger argumentiert hierzu: „Die Metall- und Elektroindustrie ist nicht das Friseurhandwerk oder das Hotel- und Gaststättengewerbe. Unsere Branche hat eine hohe Wertschöpfung. Der Lohnkostenanteil liegt meist unter 20 Prozent. Unsere Forderung ist angemessen und kann die Erholung aus der Krise befördern.“
Ihre Warnstreiks haben die Metaller bereits am Donnerstag bei der Schaltbau GmbH in Velden begonnen. Hier wurde die Früh- und Spätschicht aufgerufen. Mit einer Aktion der Auszubildenden bei MANN+HUMMEL in Marklkofen wird am Freitagmittag die Warnstreikwelle in Bewegung gesetzt. Dabei steht die Übernahme der ausgebildeten Fachkräfte und die Forderung nach Tarifrechten für dual Studierende im Mittelpunkt. Am Nachmittag werden die beiden Standorte von Jungheinrich in Degernpoint und Moosburg einbezogen. Hier wird ab 16 Uhr 30 bis Arbeitsende zur Arbeitsbiederlegung aufgerufen. Ab 20 Uhr abends wird die gesamte Werksgruppe 2 der BMW Group in Dingolfing bestreikt. Wenn zwei Stunden früher die Produktion im Werk 2.4 beendet wird, fehlen dem Premiumhersteller rund 160 Fahrzeuge. Ebenso wird im Antriebskomponentenwerk 2.1 und im Bereich der Elektroantriebe im Werk 2.2 die Arbeit früher beendet. Im Werk 2.7 wird die Drehscheibe für Ersatzteile zwei Stunden stillstehen, wenn sich die Beschäftigten dem Warnstreik anschließen.
Auch die externen Logistikbetriebe, die unter den IG Metall Tarifvertrag fallen, werden zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. Dann werden bei Schnellecke auf dem Werksgelände, bei Kühne+Nagel in Bruckberg, Niederaichbach, Dingolfing und Wallersdorf, bei Imperial in Wallersdorf, bei Rudolph Automotive Solutions in Wörth sowie bei Rudolph Logsitic Solutions keine Teile und Waren bewegt. Die „Früh-Schluss-Aktion“ der IG Metall wird um 21 Uhr auch das Komponentenwerk der BMW Group in Landshut erreichen. Dort wird nicht nur in der Leichtmetallgießerei in Ergolding, sondern in allen Technologien des Werk 4 der niederbayerischen Hauptstadt zwei Stunden früher Schluss gemacht. Der lokale Logistikdienstleister Schnellecke wird auch hier in den Warnstreik mit einbezogen. Bei MANN+HUMMEL in Marklkofen endet die Spätschicht üblicherweise um 23 Uhr. Wenn die Produktionsbänder aber bereits um 21 Uhr abgestellt werden, weil die IG Metall zum Warnstreik aufruft, dann werden rund 70.000 Filter nicht produziert. Die Beschäftigten bei Fiege Logistik in unmittelbarer Nachbarschaft zum Filterwerk schließen sich der Aktion an und gehen auch früher nach Hause. Die fertigen Filter werden vom Logistikpartner Neovia in Wörth in alle Welt verschickt. Am Freitag wird die Auslieferung durch den Warnstreik ebenfalls für zwei Stunden unterbrochen.
Die IG Metall rechnet mit einer hohen Beteiligung an den Warnstreikaktionen und sieht darin den erforderlichen Druck, damit sich die Arbeitgeberverbände zu einem neuen Angebot bewegen. Über das Wochenende wird der Vorstand der Metallgewerkschaft beraten, ob es in einem Tarifgebiet Aussicht auf eine Einigung gibt. Dann wird ein Pilotbezirk den Auftrag erhalten, auf Ziel zu verhandeln.
Im Bild: Die IG Metall Bevollmächtigten Rudi Gallenberger (links) und Robert Grashei rufen am Freitag mehr als 6.500 Beschäftigte zum Warnstreik auf. Damit wollen sie die Arbeitgeber zu einem besseren Angebot in der Tarifrunde bewegen.